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Wooden Arms – Tide

Blick auf einen langen, schier unendlichen Waldweg. Die Dämmerung ist bereits herein gebrochen. Ganz am Ende, nur als kleiner Punkt zu erkennen, ein einsamer Mensch. Dazu streichen Violinen schwer und langsam im Hintergrund. / Schnitt. / Blick aus einem Fenster, auf der Scheibe laufen die Regentropfen langsam herunter. Das Draußen ist schemenhaft und kaum erkennbar. Ein Piano setzt ein. Langsam und behutsam, so als würde es versuchen, nichts von der fragilen Stimmung zu zerstören. Dann eine Stimme, die an Scott Walker erinnert und dunkle Bläser mit zerebralem Gesang.

So könnte ein Film der Kategorie “Drama” beginnen, bei dem man schon am Anfang weiß, das es nicht gut enden wird. So beginnt auch das Debütalbum “Tide” von Wooden Arms. Die Band aus England besteht, kaum überraschend, aus dem Klavierlehrer Alex Carson und Trinity Music College Absolventin Jessica Diggins sowie 4 weiteren Musikern inklusive Sänger Milly Hirst, die kurze Zeit später dazu gestoßen sind. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als “Alternative Kammermusik” und “Klassischen Crossover”. Als Einflüsse nennen sie Chopin, Mozart, Grizzly Bear und den amerikanischen Singer/Songwriter Andrew Bird.

Kurz nach der Gründung haben sie bereits eine erste Single “Separate The Verb” veröffentlicht und sind anschließend auf eine ausverkaufte Tour in ihrer Heimatstadt Norwich gegangen. Auf diese folgte dann die Veröffentlichung einer selbstbetitelten EP. Nun, ein knappes Jahr später der Longplayer, mit nur sechs Songs jedoch nur knapp dem EP Format entronnen.

“Tide” setzt sich nach dem Eröffnungssong “December” nicht ganz so dramatisch auf den weiteren Songs fort, “Vicenarian” startet zum Beispiel schon deutlich beschwingter. Der dann folgende Titelsong versucht sich wieder etwas bedeutungsschwerer, der Opener bleibt jedoch das Spannungs-Highlight. Die Songs auf “Tide” werden bestimmt durch den präsenten und dennoch spartanisch wirkenden Violinen- und Pianoeinsatz sowie schwermütigen, pastoralen Gesang. Ziemlich im Sinne von Sophia, nur um einige Beats per Minute reduziert. Die Instrumente wirken jedoch teilweise isoliert und wie zum Selbstzweck, auch wenn sie natürlich perfekt zum Einsatz gebracht werden.

Für die volle emotionale Entfaltung fehlt “Tide” jedoch etwas der Drive und die Abwechslung. Die selbst erfundene neue Musikkategorie läßt doch mehr Innovation und Überraschung erwarten als dann tatsächlich zu hören sind. Wodden Arms bleiben so als schöner Soundtrack für ein imaginäres Filmdrama in Erinnerung. Oder einen verregneten Herbsttag im September.

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