„Kölle Alaaf!“ rief Enter Shikari-Bassist Chris Batten. Und danach folgte eine ultraharte Cover–Version des Bläck Fööss-Klassikers “Mer losse de Dom in Kölle”. Nein, natürlich nicht. Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen. Stattdessen bemerkte er nur trocken: „It makes no sense to me”. Und das musste es auch nicht. Denn am nächsten Tag, während sich der karnevalserprobte Kölner in Kostüm, Alkohol und Höhner stürzte, befanden sich Enter Shikari schon auf dem Weg nach Hamburg.
„Wir sind eine hart arbeitende Band“, sagte Gitarrist Liam „Rory“ Clewlow im MusikBlog-Interview. Ein Blick auf den Tourplan der Band lässt daran keinen Zweifel. Zwischen Januar und Mai spielt das Quartett über siebzig Shows. Mit auf dem Plan stehen dabei neben Europa auch die USA, Kanada, Russland und Australien. Fleißig. Und auch notwendig, denn von Albumverkäufen allein können Bands heute kaum noch existieren.
Heute waren Enter Shikari jedenfalls erst einmal in der proppenvoll ausverkauften Kölner Live Music Hall. Und auch hier zeigten sie, dass sich ihr Arbeitsethos nicht nur darauf beschränkt, im Tourbus durch die Gegend zu reisen. Sänger Rou Reynolds titschte wie ein singender und schreiender Gummiball unermüdlich über die Bühne und wenn er das mal nicht tat, war er mit diversen Keyboards und Gitarre zu Gange. Der Rest der Band stand dem nicht nach und war ebenso hyperaktiv mit seinen Instrumenten und Rumspringen beschäftigt. Klar, bei Enter Shikari’s quirligem Mix aus Hardcore, Industrial und Elektronik etc. lässt sich das auch kaum anders handhaben. Immerhin sind sie der lebende Beweis, dass man bei Songs über politische und gesellschaftliche Schräglagen nicht unbedingt betroffen auf dem Hocker sitzen muss, sondern auch ordentlich abmoshen kann.
Der Schwerpunkt der Setlist lag natürlich auf dem aktuellen Album „The Mindsweep“. Und trotz ihres zuweilen recht tüfteligen Aufbaus funktionieren die neuen Songs auch live extrem gut. Zusätzlich angereichert wurde das Programm mit Stücken von „A Flash Flood Of Colour“ und Klassikern wie „Juggernauts“ und „Mothership“. Auf die Bremse getreten wurde dabei eher selten, so dass man für den Ticketpreis einen ziemlich guten Gegenwert in Mosh- und Headbangeinheiten bekam.
Abgerundet wurde das Ganze durch die Lightshow. Während sie schon auf der „A Flash Flood Of Colour“-Tour 2012 die Geschäftigkeit der Songs spektakulär gut in diverse Lichttricks umsetzte, hat die Band das noch stärker intensiviert und einen draufgesetzt. Ein Hingucker im wahrsten Sinne des Wortes.
Den Schlusspunkt des regulären Sets setzte die aktuelle Single „Anaesthetist“. Dessen abruptes Ende sorgte erstmal für kurze Irritation. Es dauerte eine Weile bis sich die ersten „Enter Shikari“-Chöre formierten, die die Band wieder auf die Bühne brachten. Die Zugabe startete überraschend ruhig mit „Dear Future Historians“. Für mich einer der besten Songs auf „The Mindsweep“. Minutenlang nur Stimme und Piano bevor dann gegen Ende die Band reinbricht. Danach wurde mit „Slipshod“ und „Sssnakepit“ noch mal gebolzt, was der Bühnenboden hergab.
Mit Glenn Miller’s „In The Mood“ vom Band gleitete man dann aus der Live Music Hall in die arschkalte Vorkarnevalsnacht.