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Kaum Zeit zum Daten – Kodaline im Interview

U2 haben schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Coldplay und Radiohead sind auch nicht mehr die Neuesten. Und Snow Patrol gibt’s immerhin auch schon ein paar Jahre. Grund genug für die hype-freudige, englische Presse, mal wieder das Frage-Karussell in Gang zu setzen: Wer wird die nächste megagroße Stadionband?

Kodaline werden dabei seit ihrem ersten Album „In A Perfect World“ immer wieder hoch gehandelt. Und das zumindest nicht unverdient, denn im Laufe der Jahre steckte das Quartett aus Dublin ziemlich viel Arbeit in seine Karriere und ließ dabei auch den kleinsten Gig nicht aus. Das zahlte sich aus: Ihr Debut-Album hielt sich 2013 über mehrere Wochen in den englischen Top Ten und die Hallen, durch die Kodaline tourten, wurden zusehends größer.

Mit ihrem aktuellen zweiten Album „Coming Up For Air“ wandeln Kodaline weiter gekonnt über den schmalen Grat zwischen Mainstreamverträglichkeit und Indie-Herkunft. Wir sprachen mit Gitarrist Mark Pendergast über das Album, Ehrlichkeit, Frauenüberschuss bei ihren Konzerten und einiges mehr.

MusikBlog: Bei euch scheint es sich ziemlich gut zu entwickeln. Volle Hallen. Songs in Kino-Soundtracks. Und die Türen dazu hat Euch direkt euer erstes Album geöffnet. Hat Euch der Erfolg von „In A Perfect World“ eigentlich selbst irgendwie überrascht?

Mark Prendergast: Ehrlich gesagt, haben wir schon ein bisschen damit gerechnet, dass das Album ein paar Platten verkaufen würde. Als wir dann damit auf Tour gegangen sind, wurden die Hallen mit der Zeit immer größer. Die letzten zweieinhalb Jahre waren wirklich großartig. Es war eine lange Reise. Und wir hoffen, dass es so weiter so gut läuft.

MusikBlog: Wenn man ein erfolgreiches Album hat, möchte man natürlich weiter am Ball bleiben. Hemmt einen so etwas erstmal, wenn man sich nach der ganzen Tourerei wieder hinsetzt und anfängt, neue Songs zu schreiben?

Mark Prendergast: Klar, ein kleines bisschen hat uns das schon unter Druck gesetzt. Aber viel spannender war für uns eigentlich das Gefühl, wieder neu loslegen zu können. Neue Songs zu schreiben, sie aufzunehmen und dann damit auf Tour gehen zu können. Gut, der Erwartungsdruck hat uns dabei ein bisschen Feuer unter dem Hintern gemacht. Er hat uns hungrig darauf gemacht, uns weiterzuentwickeln und ein paar wirklich gute Songs zu schreiben. Es hat wirklich Spaß gemacht, das Album aufzunehmen. Und während der Arbeit selbst haben wir alles andere ausblenden können. Es gab nur den Druck, den wir uns durch unseren eigenen Anspruch gegeben haben.

MusikBlog: Wenn man eure Vorgängerband 21 Demands mitzählt, seid ihr schon seit 2005 aktiv. Im Laufe dieser Jahre habt ihr ziemlich viel Arbeit in die Band investiert. Ich kann mir vorstellen, dass es jetzt ein schönes Gefühl sein muss, zu sehen, dass sich das jetzt endlich mal auszahlt.

Mark Prendergast: Als wir anfingen, haben wir quasi vor keinem Publikum gespielt. Nur ein paar Freunde. Und von denen sind dann einige noch nicht mal aufgetaucht. Wir sind damals von der Schule abgegangen. Haben unser Geld zusammengeschmissen. Waren pleite. Und wir haben überall gespielt, wo wir nur konnten. Wir haben zusammen einiges erlebt und durchgestanden. Ja, es ist schon so etwas wie eine Belohnung dafür. Aber im Prinzip sind wir dabei immer noch die gleiche Band geblieben. Wir sind durch das alles noch stärker zusammengewachsen und kommen super miteinander aus.

MusikBlog: „Honest“ heißt der erste Song auf dem neuen Album. Bei Kodaline hat man auch generell den Eindruck, dass ihr euch möglichst ehrlich, ungekünstelt und down to earth präsentieren wollt.

Mark Prendergast: Ehrlichkeit ist für uns von fundamentaler Bedeutung. Die Texte zu unseren Songs kommen zu 100 Prozent aus dem Herzen und sind in keiner Weise irgendwie erfunden oder aus der Luft gegriffen. Die Leute merken sofort, wenn etwas konstruiert ist. Wir sind auch immer absolut ehrlich uns selbst gegenüber. Und das zeigt sich natürlich auch in unseren Texten.

MusikBlog: Das große Thema auf eurem ersten Album war Trennungsschmerz. Worum geht es in den Songs von „Coming Up For Air“?

Mark Prendergast: Alle unsere Songs sind sehr persönlich und ehrlich. Auf unserem ersten Album ging es um Trennungen und das Auseinanderbrechen von Beziehungen. Bei „Coming Up For Air“ stehen jetzt mehr die Erfahrungen im Mittelpunkt, die wir in den letzten Jahren gemacht haben. Wir sind reifer geworden und haben inzwischen vieles gesehen und einiges erlebt. Beide Alben sind deshalb auf ihre Weise sehr persönlich.

MusikBlog: Mit Ausnahme eures Bassisten Jason war das Kodaline-Line Up ja auch schon bei eurer alten Band 21 Demands vorhanden. Ihr kennt euch also schon ziemlich lange. Steven und Du haben aber anscheinend auch schon im Sandkasten zusammengespielt?

Mark Prendergast: Was diese Band erreicht hat, war nur möglich, weil wir in erster Linie vier Freunde sind. Stevie und ich sind zusammen aufgewachsen, wir haben schon als Kinder miteinander gespielt. Irgendwann fingen wir dann an, Instrumente zu spielen und Songs zu schreiben. Und daraus wurde dann schließlich eine Band. Er ist der Einzige, mit dem ich bislang ernsthaft Songs geschrieben habe. Und es ist wirklich schön, dass wir soweit damit gekommen sind, durch die Welt zu touren. Unsere Songs laufen im Radio und dies Alles. Unsere Freundschaft hat dafür die Basis geschaffen. Wir verstehen uns blind. Wenn wir zusammen Songs schreiben, sprechen wir nie groß darüber. Es geschieht einfach absolut intuitiv.

MusikBlog: Besonders in der englischen Presse sieht man in Kodaline schon die nächste große Band. Wie geht ihr mit diesen Erwartungen um?

Mark Prendergast: Es ist natürlich immer schön, wenn über deine Band gesprochen wird. Aber als das nächste große Ding gehandelt zu werden … Ich weiß nicht. Man muss das erst mal sich selbst beweisen. Wir lieben unsere Songs und denken, dass sie wirklich gut sind. Und wenn Leute sie auch wirklich so sehr mögen, wie wir es tun, dann kann es schon etwas werden. (lacht)

MusikBlog: Besonders gern vergleicht man euch dabei immer wieder mit Coldplay.

Mark Prendergast: Das macht uns nichts aus. Sie sind natürlich eine sehr erfolgreiche Band. Wenn wir nur ein bisschen von dem erreichen könnten, dann würde mich das schon sehr glücklich machen. Aber ich glaube, jede neue Band wird mit irgendwem verglichen. Aber klar, natürlich hätte ich nichts dagegen, irgendwann auch mal in großen Stadien zu spielen. (lacht)

MusikBlog: Immerhin habt ihr es schon mal geschafft, dass Songs von euch auch im Kino und im TV gelandet sind.

Mark Prendergast: Es ist schon ein bisschen komisch, wenn einer deiner Songs in einem Film oder einer Fernsehshow verwendet wird. Als Band hat man da auch keinen großen Einfluss darauf. Irgendwer bei der Filmfirma entdeckt einen deiner Songs und setzt sich dann dafür ein, dass er genommen wird. Das ist super! „All Of Mine“ wurde in „The Fault in Our Stars“ verwendet und das hat uns einen großen Schub gegeben. Wir konnten dadurch große Shows in Amerika spielen. Natürlich es ist schon ein bisschen surreal, aber irgendwie auch wieder ziemlich cool.

MusikBlog: Hast Du dir den Film angesehen?

Mark Prendergast: Ja, ich hab‘ ihn im Kino gesehen. Und es ist schon ein extrem seltsames Gefühl, wenn Du da mit einer Menge anderer Leute sitzt und irgendwann dann dein Song läuft. Das ist ein absolut großartiges Gefühl.

MusikBlog: Der Film ist jetzt nicht unbedingt einer, den Männer freiwillig für einen Kinoabend aussuchen würden. Auch scheint eure Musik generell eher bei Mädels gut anzukommen. Macht sich das bei den Konzerten so bemerkbar?

Mark Prendergast: Das hängt davon ab, wo wir spielen. Meiner Erfahrung nach würde ich sagen, dass manchmal bis zu 70 Prozent Frauen bei uns im Publikum sind. Natürlich kommen auch Männer zu unseren Shows. Aber ich glaube schon, dass unsere Musik – möglichweise auch bedingt durch die Filme – schon eher Frauen anspricht.

MusikBlog: In „Human Again“ auf dem neuen Album gibt‘s die Zeile „I don’t wanna die alone“. Wie sieht’s denn bei euch aus? Habt ihr noch genug Zeit zum Daten?

Mark Prendergast: (lacht) Das hoffe ich doch. Steven und ich sind im Moment Single. Aber die anderen beiden in der Band sind schon in festen Händen. Unser Drummer Vinnie ist verlobt und wird bald heiraten. Und Jay, unser Bassist, hat eine Freundin. Aber wir finden immer noch etwas Zeit, um uns auch mit jemandem zu verabreden. Aber im Moment sind wir eigentlich hauptsächlich auf die Musik konzentriert und immer ziemlich beschäftigt.

MusikBlog: Ich denke mal, dass auch andere private Beziehungen darunter leiden, wenn man ständig unterwegs ist. Wie oft findet ihr noch Zeit für eure Familien und alten Freunde?

Mark Prendergast: Alle paar Monate fahren wir für ein paar Tage nach Hause, um unsere Familien zu besuchen und alte Freunde zu treffen. Zugegeben, das passiert nicht so oft wie wir es gerne hätten. Aber das, was wir machen, lieben wir eben mit absoluter Leidenschaft. Und manchmal ist es dabei schwierig, Privatleben und Musikmachen unter einen Hut zu bekommen. Aber ich will mich nicht beschweren.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview!

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