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The Vaccines – English Graffiti – Gefühle kommen ins Spiel

Um es vorweg zu nehmen: Wer den Sound der ersten beiden The Vaccines-Alben ins Herz geschlossen hat, der wird auch mit “English Graffiti” seine Freude haben. Abermals schnüren die vier Indierocker aus London ein Paket, in dem die Quelle des Rock’n’Roll mit akzentuierten Pop-Anleihen angereichert wird. Das hat auf den ersten beiden Alben schon prächtig funktioniert und sorgt auch anno 2015 wieder für hochgezogene Mundwinkel bei Freunden kantiger Gitarrenpop-Klänge.

Natürlich werden jetzt Entwicklungsfetischisten mahnend die Finger in die Höhe recken; schließlich wurde “English Graffiti” im Vorfeld mit Begriffen wie “eigenständig” und “experimentell” angekündigt: “Wir wollten diesmal alles aus uns herausholen. Seit der letzten Platte ist viel passiert. Es ging uns darum, all diese Erfahrungen mit einzubinden, so dass etwas Neues entsteht”, gab beispielsweise Drummer Pete Robertson zu Protokoll. Und genauso hört sich das Album auch an, zumindest unter der Oberfläche. “English Graffiti” ist nämlich trotz seiner unüberhörbaren Nähe zur Vergangenheit ein musikalischer Schritt nach vorne. Man muss halt nur genau hinhören.

Sicher, Songs wie erste Single “Handsome” oder das mit antiken Tenpole Tudor-Vibes aufgepeppte Pop-Punk-Spektakel “20/20” klopfen mit Vehemenz an die bandeigenen Kellerarchiv-Tore. Hier lassen die Insulaner nichts anbrennen. Zischende Hi Hat-Spielereien paaren sich mit angezerrten Gitarren. Und über allem thront das luftig lockere Crooner-Organ von Sänger Justin Young. So hat man die The Vaccines kennen und lieben gelernt.

Doch mit intimen Herzschmerz-Oden à la “(All Afternoon) In Love”, “Want You So Bad”, “Maybe I Could Hold You” oder dem simpel gestrickten, aber feinfühlig arrangierten Pop-Juwel “Dream Lover” zeigen sich die Insulaner von ihrer zarten Seite. Plötzlich präsentiert sich ein Gegenpol. Die Amps werden runtergefahren. Die große Liebe übernimmt das Kommando. Und doch bleibt alles stimmig. Mehr noch: Die opulenten Loveletter-Dramen sorgen für ein ausgereiftes Gesamtbild. Es geht nicht mehr nur um schnellen Sex und Pub-Schlägereien. Gefühle kommen ins Spiel. Das nennt man dann wohl erwachsen werden. Klingt gut. In diesem Sinne: Willkommen im wahren Leben, die Herren!

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