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The Chemical Brothers – Born in The Echoes

Bezüglich elektronischer Tanzmusik ist der Massengeschmack zu neuen EDM-Spielarten und ihren jungen Protagonisten abgewandert. Skrillex, Diplo und ihr gnadenlos übertriebener Sound-Bombast lassen alte Electro-Kracher à la „Block Rockin’ Beats“ wie Tranquilizer erscheinen. Doch deren Wegbereiter, die europäische Phalanx der boom-chick-boom-Fraktion, The Chemical Brothers, Daft Punk und The Prodigy, halten munter dagegen und denken nicht ans Aufhören.

Daft Punk haben sich mit ihrem “neuer-die-Retromanie-nie-klang”-Ansatz erfolgreich in die Zehnerjahre gefunked, The Prodigy dekonstruieren ihre alte Relevanz schon lange beständig selbst mit stoischer Idiotie. Umso gespannter war man auf Tom Rowlands und Ed Simons erstes Album-Lebenszeichen seit 2010.

Das Schwergewicht der Electronic Dance Music kann, was es tut, so viel dürfte nach fünf Nummer-Eins-Alben in Folge klar sein. Aber ist es immer noch angesagt? Gehen selbst die Skelette noch ab zu Rowlands und Simons Beats?

Das achte Album der Chemical Brothers ist ein Statement: never change a winning formula. Because you all shook your ass to our beats. Was die Chemical Brothers immer von den anderen Global Playern im EDM unterschied, war ihre unerreichte Kollaborationsfähigkeit. The Chemical Brothers klangen stets am besten mit der Würze eines zusätzlichen Acts. „Born In The Echoes“ besteht zur Hälfte aus Kollaborationen. Und das ist gut so.

Klar, nach ewig Neuem süchtige Avantgardisten mögen vorbringen: schon wieder eine Kollabo mit Q-Tip, schon wieder als fette Single („Go“), schon wieder in Szene gesetzt vom alten Musikvideo-Meister-gone-Indiependentfilmer-gone-Kitschregisseur Michel Gondry? Ja, ja und ja.

Denn am Ergebnis lässt sich einfach nicht meckern: ziemlich gute, genreübergreifende elektronische Tanzmusik. Q-Tips Timbre und Chemical Brothers bouncende bass lines: it’s a match. Und auch St.Vincents Indie-Eleganz wird in „Under Neon Lights“ klug zum Tanzen gebracht.

Die Kollaborationsfähigkeit steht für mehr: The Chemical Brothers haben die Völkerfreundschaft der Genres in den EDM gebracht, und das können sie bis heute wie kein anderer. Hip-Hop, Hard-Rock, Shoegaze, Psychedelia: mit Rowlands und Simonds kann man dazu beat-lastig tanzen. Und wie.

Am deutlichsten wird das beim letzten Track von „Born In The Echoes“. Wie Becks verträumte Melancholie und sein erhabener Wehmut in „Wide Open“ zu einer, am besten im warmen Sommerregen betanzten, elektronischen House-Hymne des kleinen Glücks wird, durch Rowlands und Simons Knöpfe und Regler, ist bezaubernd sagenhaft. Derber Song-des-Jahres-Alarm.

Okay, es gibt auch mäßig Aufregendes auf TCB’s achtem Studioalbum. Okay, das attraktivste Ding der elektronischen Tanzmusik sind die Chemical Brothers nicht mehr. Seit einer viertel Dekade sind die beiden ein kreatives Duo. Fast kennt man sie zu gut. Doch eines untermauert das nicht wirklich innovative „Born In The Echoes“:

Schöne elektronische Tanzmusik zu kreieren, ist höchstwahrscheinlich nicht so schwer, wie den Pluto anzusteuern, wenn man erst den Bogen raus hat, und wer davon seit sehr langer Zeit sehr viel versteht, sind die Chemical Brothers.

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