Neue Platte – neues Tier im Titel. Nach Nachtigallen, Katzen und Delphinen, jetzt Küken. Sogar das Küken des Orion. Und in guter Tradition der Titel-/ Bildschere vom letzten Album schaut einen lässig ein Lama an. Auch in den Stücken taucht – wie schon bei den anderen Alben – ab und zu noch das ein oder andere Tier auf. Der Zoo wächst.
Und sie selber mit. Denn während die ersten beiden Alben noch zuweilen stolperig und stilistisch etwas zusammengeklaubt daherkamen, entwickeln Frittenbude zunehmend ihre eigene Stimme. Schon auf „Delfinarium“ waren aus überdrehtem Anarchopartyübermut zunehmend nachdenklichere und reifere Töne und Texte geworden. Mit „Küken Des Orion“ entfaltet dies das Berliner Exil-Bayerntrio weiter und baut sich seine eigene Nische weiter aus.
Kernpunkt sind dabei natürlich Johannes Rögners Texte. Vom emotionalen Ausdruck her ist er zwar nicht unbedingt der flexibelste Sänger/Rapper; Aber man kann sich schon ganz gerne in den assoziativen Sprach-, Bild- und Gedankenfluss seiner Wortkaskaden fallen lassen. „Ein fliehender König. Sinkende Schiffe. Lügende Priester. Stinkende Fische. Laufende Rechnungen. Zäune um Egos. Grenzen aus Wasser. Verdurstete Schwimmer und erschossene Gaffer“, heißt es zum Beispiel in „Stürzende Helden“. Den Film dazu gibt’s im eigenen Kopf. Oder: „Rave ist kein Hobby. Rave ist ein Zyklop. Und wir nicht Sindbad.“, lautet der eher rätselhafte Refrain im sperrigen Groove von „Rave Ist Kein Hobby“. Das alles vorgetragen mit einem unaufgeregt aufgeregten, aber nicht unangenehmen Flow.
Es ist jetzt auch nicht alles komplett collagenartig abstrakt, aber so konkret wie auf „The Stritz“ wird es dabei eher selten „Die Gefühle sind einfach nur taub. Und dass täglich Menschen verrecken an den Grenzen der Welt, war sowieso klar. So interessiert’s uns nicht wirklich. Wir saufen und dancen uns lieber ins Koma. Wir sind zu faul uns zu wehren und zu träge zum Reden“. Apathie in der Deutschokratie.
Auch musikalisch kommt das alles um Einiges stimmiger und hat mehr Linie. Die besteht zwar in ihren Bestandteilen immer noch aus einem heterogenen Electro-/Indie-/Punk-/Hip Hop-Mix, aber inzwischen haben die drei gelernt, dass alles geschickter und eleganter miteinander zu verquicken. Generell schimmert dabei der Indie-Einschlag ab und zu schon etwas deutlicher heraus.
„Ostsee, California“ kommt fast schon als Indie-Rocker mit Bass und Gitarre. Ein bisschen frühe Cure-mäßig. Genauso wie „Was Am Ende Bleibt“, dessen Refrain mit Gesangseinschüben von Dirk von Lowtzow garniert und verziert ist. Auch „Die Möglichkeit Eines Lamas“ geht ein wenig in diese Richtung. Definitiv ein Highlight auf dem Küken. „Alles Wird Staub“ kommt überraschend mit Akustikgitarre, E-Gitarre und leichtem Folktouch.
Synthies, Sampler etc. stehen natürlich auch nicht zum Verstauben in der Studioecke. „Stürzende Helden“ kombiniert einen derberen Bollerbeat mit afrikanischen Vocalsamples. „Schlachtfeld Der Schande“ greift noch mal in die straighte gute alte Elektropunkkiste. Und „Endlich Unendlich“ startet ethnoinspiriert und groovt sich dann, von einer simplen Bassline getrieben, recht flott durch seine fast drei Minuten.
Alles in allem zeigen Frittenbude, dass sie in Sachen Arrangement und Produktion inzwischen einiges dazu gelernt haben. Auch der dynamische Aufbau der Stücke ist oft durchdachter und cleverer. Ein weiterer Aktivposten sind ihre Refrains, die einem mit ihren leicht abstrakten Slogans gerne mal für eine Weile in den Ohren kleben bleiben. „Diese Straße, sie führt Dich irgendwohin. Vielleicht führt sie Dich aber auch nirgendwo hin. Aber Nirgendwo muss ja auch irgendwo sein“, textet Rögner auf „Die Möglichkeit Eines Lamas“. Frittenbude fahren jedenfalls schon mal nicht in die falsche Richtung. Nettes Album, das „Küken Des Orion“.