BOY, die im Sommer ihr neues Album „We Were Here“ veröffentlicht haben und dieses bereits einem kleinen, exklusiven Kreis im Juni vorgestellt hatten, sind nun auf großer Tour. Station am Montag war die seit Wochen ausverkaufte Münchner Muffathalle.

Wie zu erwarten, besteht das Publikum aus überwiegend Frauen, Männern und Paaren. BOY ist nämlich nicht nur Musik für Frauen, aber dazu später mehr. Nach der sanften Einstimmung durch Martin Galopp, die eher Hintergrunduntermalung war, geht es los mit einem langen Intro vor dem auf dunklem Hintergrund in rosa Lettern glimmenden „We Were Here“, welches in den gleichnamigen Song mündet.

Danach geht es zügig weiter, nur durch ein kurzes „München – Hallo“ von Valeska Steiner unterbrochen. Der Sound, den Sonja Glass am Bass und die vier Tourmusiker machen, ist sehr homogen und natürlich deutlich voluminöser als noch im Rationaltheater im Sommer. Die Performance wirkt allerdings sehr nüchtern wie bei einer Radiosession, bevor Valeska nach dem dritten Titel anfängt, mit dem Publikum zu sprechen und gemeinsam mit Sonja versucht, sich an die Rationaltheater Location zu erinnern („Wir waren ja erst vor kurzem in München, im Technikum oder so?“ – „Nein, das war doch ein ganz kleines Theater“).

Es folgt „Army“ vom Vorgängeralbum „Mutual Friends“, das von Freundschaft handelt, wie Valeska erläutert. Man spürt deutlich, wie der Titel seine emotionalen Flügel mit breiten Schwingen ausbreitet und um das Publikum legt. Dieser besondere Mix aus elegantem Pop und leichter Melancholie ist die große Stärke von BOY und zeigt sich auch wieder in dieser Live-Performance. Das verzauberte Publikum ist entsprechend bewegt und man ertappt auch Männer beim verträumten, seitlichen Kopfnicken im Takt.

Danach erklärt Valeska, dass bis eine Stunde vor Auftritt nicht feststand, ob dieser überhaupt stattfinden kann, da sie wohl leicht erkältet ist und ihre Stimme klingt wie Tom Waits. Sie bittet deshalb die Zuschauer, beim folgenden „Hit My Heart“ mitzusingen, was aber – trotz genauer Anleitung von Valeska – nicht so gut klappt.

Doch das macht das Publikum im anschließenden „Drive Darling“ wieder gut und singt den Refrain lautstark durch die harmonie-geschwängerte Luft der Muffathalle. Danach erzeugt das nahezu im Dunkeln vorgetragene „Into The Wild“ wieder Gänsehaut-Atmosphäre, die mit „Oh Boy“ in Vorweihnachtsstimmung mündet, wozu auch die riesige Discokugel an der Decke beiträgt, die ihr funkelndes Glitzern übermächtig an die hohen Wände wirft.

Dann verschwindet Valeska kurz von der Bühne, um – wie Sonja im Scherz sagt – „Drogen zu nehmen“, was sich jedoch als Inhalationsspray für ihre Erkältung herausstellt, welches „wie eine Haschpfeife aussieht“.

Natürlich darf der Hit „Little Numbers“ nicht fehlen, auch hier erweist sich das Publikum als textsicher, zumindest bis zum dritten Vers des „Woo-oh, oh-oh“ Refrains, als es dann ins Stocken gerät. Valeska sagt cool „Das machen wir nochmal“ und hilft dann mit „were you ever in a dream that could come true“ weiter, singt den Titel zuende und beendet damit den Hauptteil.

Bevor „This Is The Beginning“ dann die erste Zugabe beendet, werden noch die Tourmusiker vorgstellt, mit dabei auch wieder Dennis, der auch schon bei der Akustiksession im Rationaltheater Gitarre spielte.

BOY kommen aber nochmal für eine zweite Zugabe wieder und fragen „Habt Ihr Lust nochmal zu singen?“. „Skin“ ist dann der letzte Song dieses Abends der lieblichen Melodien. Die beiden verabschieden sich beim liebestrunkenen Publikum mit einem herzlichen „Wir sind sehr froh, dass wir euch gesehen haben“.

BOY sind und bleiben ein Pop-Phänomen. Ähnlich wie Lykke Li ist ihre Musik zu relevant, um sie als „Mädchenmusik“ zu verharmlosen. BOY sind mehr als eine heimliche Lieblingsband. Auch wenn ihr Pop manchmal etwas sehr zuckersüß aufgetragen wird, ist das grandiose Songwriting in Verbindung mit Valeskas einzigartiger Stimme und der musikalischen Umsetzung, die man nach wie vor Indie-Pop nennen darf, in der deutschen Musiklandschaft doch ziemlich einzigartig.

Trotzdem muss sich der gefühlsbeduselte Autor auf dem Nachhauseweg im Auto erstmal den schon aus den Ohren tropfenden Schmalz mit den Swans wegpusten.

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