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Überall werden nur noch Häppchen serviert – Suede im Interview

Als Suede sich im Jahr 2010 wieder zusammenrauften, ging ein Jubelschrei durch die schon seit Jahren angezählte Brit-Pop-Branche. Endlich waren sie wieder da, die Genre-Pioniere aus London. Nach zahlreichen Live-Ausrufezeichen setzte die Band um Frontmann Brett Anderson mit der Veröffentlichung des Comeback-Albums “Bloodsports” im Frühjahr 2013 sogar noch einen drauf. Doch das war noch lange nicht das Ende der Fahnenstange, wie uns Bassist Matt Osman vor Erscheinen des neuen, mittlerweile siebten Studioalbums “Night Thoughts” verrät.

MusikBlog: Matt, ihr zählt zu den alten Hasen im Business. Ihr kennt das große Ganze mittlerweile in und auswendig. Nun geht ihr mit der Veröffentlichung eures neuen Albums “Night Thoughts” einen Schritt weiter. Neben dem Album dürfen sich eure Fans auch über einen dazugehörigen Film freuen. Wie kam es dazu?

Mat Osman: Wir sammelten die ersten Ideen bereits kurz nach der Veröffentlichung von “Bloodsports”. Jeder von uns hatte noch Unmengen an Reserven. Es fühlte sich an, als hätten wir die Band gerade erst gegründet – ein tolles Gefühl. Wir haben dann viel diskutiert und versucht, eine gemeinsame Richtung zu finden. “Bloodsports” war das klassische Comeback-Album. Wir wussten genau, was die Leute von uns erwarten. Und wir haben geliefert. Die neuen Ideen gingen allerdings viel weiter. In den vergangenen Jahren hat sich um uns herum viel verändert. Die Kids hören keine Alben mehr. Überall werden nur noch Häppchen serviert. Alles muss schnell gehen, und nichts darf aufhalten. Diesen Kreislauf wollten wir durchbrechen. Wir wollten ein Album aufnehmen, das man nicht zerstückeln kann. Es sollte von vorne bis hinten stimmig sein. Das war das Ziel. Als wir “Night Thoughts” dann fertig hatten, wurden wir nach Videos gefragt. Und da dachten wir uns: Warum einzelne Clips drehen? Warum machen wir nicht einen Clip fürs komplette Album? Das war der Startschuss.

MusikBlog: Ihr hättet euch für den Film jeden verfügbaren Filmverantwortlichen aussuchen können. Warum habt ihr euch für Roger Sargent entschieden?

Mat Osman: Ganz einfach: Er war am günstigsten. (lacht)

MusikBlog: Soso.

Mat Osman: Nein, im Ernst: Roger war einfach der perfekte Mann für den Job. Er hat dieses ganz spezielle Gespür für visuelle Momente, die einem das Gefühl geben, man sei mittendrin in seiner Arbeit. Er legt überhaupt keinen Wert auf Effekte, schnelle Schnitte oder sonst irgendwelchen Schnickschnack. Roger filmt das Leben. Das macht seine Arbeit aus. Er arbeitet mit Menschen, mit der Umgebung und mit seinen Visionen. Seine Filme sind sehr natürlich.

MusikBlog: Auch sehr intensiv und berührend.

Mat Osman: Absolut. Das geht alles unter die Haut. Den Film für unser Album hat er in Wales gedreht. Dort hinterlässt die Umgebung bereits große Spuren beim Betrachter. Roger hat dem Ganzen dann noch eine gehörige Portion Leidenschaft und Melancholie zugesetzt. Wir waren hin und weg, als wir den Film das erste Mal gesehen haben.

MusikBlog: Wann war das?

Mat Osman: Wir haben den Film erst kurz vor unserer ersten London-Show gesehen.

MusikBlog: In London habt ihr das Ganze als Paket präsentiert. Wie war das für euch?

Mat Osman: Es war sehr aufregend. Ein Set mit einem kompletten Film im Hintergrund zu präsentieren bedarf einer ganz anderen Vorbereitung. Man ist wesentlich fokussierter. Wir konnten nicht wie sonst einfach so drauf los spielen und uns während und zwischen der Songs so viel Zeit lassen, wie wir wollten. Alles lief sehr strukturiert ab. Alles musste zum Film passen. Das war sehr herausfordernd. Aber es war toll. Es hat super funktioniert. Die Leute hatten ihren Spaß. Und wir auch.

MusikBlog: In dem Film flüchtet ein Mann nach dem Verlust seines Sohnes und seiner Frau in den Freitod. Eine sehr aufwühlende und beklemmende Story. Eure neuen Songs hingegen versprühen hier und da ungewohnt positive Vibes. Wie passt das zusammen?

Mat Osman: Das Wie spielt keine Rolle. Es passt einfach. Wir empfinden das zumindest so. Sicher, auf der Platte gibt es einiges an Zuversicht und Hoffnung zu entdecken. Das steht vielleicht im Kontrast zum Film. Aber es sind dennoch Suede-Songs. Und Suede-Songs kann man nun mal nicht mit komödiantischem Filmmaterial begegnen. Da steckt trotz aller Hoffnung auch immer viel Dunkelheit und Melancholie drin. Insofern passt der Film schon perfekt.

MusikBlog: Inwieweit sind beide Projekte abhängig voneinander?

Mat Osman: Eigentlich gar nicht. Der Film passt zwar perfekt zur Musik – und umgekehrt. Aber im Grunde stehen beide Arbeiten für sich. Für Roger war der Film unheimlich wichtig. Er hat in der Vergangenheit viel erlebt und durchgemacht. Er wurde beispielsweise vor drei Jahren erstmals Vater. Vor einigen Monaten verlor er seine Mutter. Viele dieser unterschiedlichen Emotionen finden sich im Film wieder. Und für uns war es wichtig, dem Album einen visuellen Bruder zur Seite zu stellen, der dem Hörer noch vor Augen führt, um was es uns bei diesem Album in erster Linie geht – nämlich um das Komplette; das große Ganze. Es gibt keine Singles. Es gibt nur dieses in sich stimmige Paket.

MusikBlog: In London hat das Paket live auf der Bühne bereits super funktioniert. Gibt es Pläne, das Ganze auch in weiteren Ländern zu präsentieren?

Mat Osman: Ja. London war nur der Warmmacher. (lacht) Wir werden im Januar und Februar auf Tour gehen und das komplette Album live vorstellen. Im Hintergrund wird dann der Film laufen. Schweden, Belgien, Frankreich, Deutschland: Wir werden überall spielen.

MusikBlog: Und nach dem Album folgt noch eine Greatest Hits-Zugabe?

Mat Osman: Genau. Wir werden die Konzerte in zwei Blöcke unterteilen. Erst das neue Album, dann die Hits. Wir sind alle schon total gespannt und in freudiger Erwartung.

MusikBlog: Klingt spannend.

Mat Osman: Es wird ein Happening. Die Leute werden sicherlich ihren Spaß haben. Wir freuen uns jedenfalls riesig drauf.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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