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OK KID – Zwei

Die zweite Platte ist bekanntlich nicht die leichteste. Das gilt erst recht, wenn man wie OK Kid mit dem krawalligen Erstling ordentlich Credits gesammelt und damit entsprechend Erwartungshaltung für Kommendes generiert hat. Jedenfalls haben sich die drei Hip-Hop-Pop-Rocker zwischen 2013 und heute mit der tollen „Grundlos“ EP auf Betriebstemperatur für den den jetzigen Musik-Lebensabschnitt gehalten.

Gereift und selbstbewusst präsentieren sich Jonas Schubert, Moritz Reech und Raffael Kühle auf „Zwei“, an die Stelle der im Strudel der Desorientierung zweifelnden „Generation Y“ tritt eine über- und durchblickende Sicht auf das Große und Ganze, ohne den Bezug zur eigenen Gedankenwelt aus den Augen zu verlieren.

Allerdings können die Genre-Borderliner damit nicht über die volle Distanz überzeugen. Dabei bietet der Opener „Blüte Dieser Zeit“ alle Zutaten für den Festival-Gassenhauer. Wenn sich über wabernde Synthies tadellos funktionierende Wortakrobatik legt und sich im Verlauf alles in knalligen Indie-Pop ergießt, dürfte jedenfalls für Begeisterung in den meisten musikalischen Lagern gesorgt sein.

Genregrenzen sind nicht existent, Vielfalt ist Trumpf, neben den Basics am Instrumentarium gibt es bleischwere Orgeln, Xylophon, klingelnde Gläser und elektronische Streicher zu erleben, was in der Summe über das Album hinweg zu einigen abrupten Wendungen führt. So hat der zweite Track mit dem bescheidenen Titel „Ich Kann Alles“  zwar genügend Bass im Ärmel, plätschert im Vergleich zum Vorgänger aber eher sanft vor sich hin.

Je konkreter das Thema, desto überzeugender der Vortrag. Die grummelig vor sich hin rappende Gesellschaftskritik „Gute Menschen“, die die Wahl-Kölner bereits im Herbst letzten Jahres als Vorab Single aus der Hüfte schossen und mit dieser deutlichen Positionierung den eigenen stilistischen Wandel ankündigten, sticht hierbei heraus. Mit den Zeilen dieses Tracks im Ohr fällt es danach relativ schwer, sich dem besungenen Kalenderblatt „Es ist wieder Februar“ zu öffnen.

Weiter geht’s im Stil-Hopping, wo „Bank“ noch poppt, bohrt sich der tiefer gelegte Sub-Bass in „5. Rad am Wagen“ (feat. Megaloh) tief in den Magen. Die Ginsalabim Sauf-Hymne auf den Wacholderschnaps in „Bombay Calling“ kann man selbst als Nicht-Trinker nur ins Herz schließen, in diesem Moment könnte „Zwei“  ausschließlich aus Hip-Hop Holz geschnitzt sein.

Es bleibt ein Musik-Supermarkt: das schmissige „U-Bahnstation“ klingt nicht nur nach Hamburger Schule, sondern hat  mit Frank Spilker von Die Sterne gleich direkt einen ihrer Protagonisten am Mikrofon. Lupenreinen Pop bietet „Wisch & Weg“, auch der „Kaffee Warm Part 3“ wird wieder aufgebrüht.

„Wir wollen nur, dass man sich an uns erinnert“ heißt es im letzten Stück. Das wird man sicher, nur an welchen Teil des bunten Treibens am Nachhaltigsten? Die Platte ist OK Kid, der Zeigefinger auf dem Cover sollte vorerst wieder mit Tape befestigt werden. Für den Mittelfinger allein fehlt „Zwei“ dann doch ein wenig die Entschlossenheit.

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