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Wir wehren uns nicht gegen den Einzug in den Pop-Olymp – Ryan O’Reilly im Interview

Ryan O’Reilly ist ein witziger Kerl. Der aus London stammende Singer/Songwriter mit irischen Wurzeln kombiniert seine leidenschaftlichen Geschichten immer wieder gerne mit schwarzem Humor und ironischem Trotz. Nach zehn Jahren auf Weltreisen hat er nun seine Zelte in Berlin aufgeschlagen. Und neue Musik hat er dieser Tage auch am Start. Die Rede ist von “The Northern Line“, O’Reillys Debütalbum. Wir trafen den Sänger in seiner neuen Wahlheimat zum Gespräch und plauderten über das Leben auf der Sprache, die Magie von Wohnzimmerkonzerten und den Zauber von Berlin.

MusikBlog: Ryan, du bist mit deinen beiden Bandkollegen Tyler Kate und David Granshaw nun schon seit über zehn Jahren im Business unterwegs. Dieser Tage erscheint jedoch erst euer Debütalbum “The Northern Line”. Warum hat das so lange gedauert?

Ryan O’Reilly: Wenn man das erste richtige Album auf den Markt bringt, dann sollte man schon mit dem Gesamtpaket rundum zufrieden sein. In unserem Fall war es einfach so, dass wir jahrelang mehr oder weniger von der Hand in den Mund gelebt haben. Wir hatten zwar viele Ideen und jede Menge Songs. Aber es fehlte uns an Essentiellem. Wir hatten lange Zeit weder die finanziellen Mittel noch den Background, um ein komplettes Album so aufzunehmen, wie wir es wollten. Das hat einfach gedauert. Ich meine, wir haben ja schon viele Sachen veröffentlicht: Live-Alben, EPs, einzelne Songs. Aber für das Debütalbum wollten wir uns Zeit lassen. Es sollte alles passen. Nun sind wir endlich an dem Punkt. Und wir sind total happy mit dem Ergebnis.

MusikBlog: Ihr wart unheimlich viel unterwegs in der Vergangenheit. Man könnte fast schon von einer Globetrotter-Mentalität sprechen. Inwieweit beeinflussen und inspirieren die Erlebnisse in fremden Ländern eure Musik?

Ryan O’Reilly: Sie sind allgegenwärtig. Wenn wir unterwegs sind, saugen wir alles auf: die Menschen, die Städte, die Sprachen, einfach alles. Das alles lassen wir auf uns wirken. Und dann formen wir daraus Musik. Die Songs auf dem Album orientieren sich an verschiedenen Erlebnissen in verschiedenen Städten. Wir waren in London, in Oslo, in Berlin. Überall haben wir andere Erfahrungen gemacht. Die Songs fungieren als musikalische Spiegelbilder.

MusikBlog: Untermalt werden eure Erfahrungen mit Sounds aus den Bereichen Americana, Irish Folk und Heartland Rock.

Ryan O’Reilly: Genau. Das ist die Basis. Wir pendeln gerne. Aber halt in Bereichen, die uns vertraut sind. Das war schon immer so. Und ich denke, dass wir das auch so beibehalten werden. Ich meine, wir haben als Straßenmusiker angefangen. Wir haben mittlerweile schon unzählige Wohnzimmerkonzerte gegeben. Nun scheint es etwas größer zu werden. Aber von dieser Aussicht lassen wir uns musikalisch nicht beeinflussen. Wir würden auch in einem großen Stadion so klingen wie wir klingen. (lacht)

MusikBlog: Würdet ihr den Wohnzimmer-Status lieber beibehalten?

Ryan O’Reilly: Wir wehren uns nicht gegen den Einzug in den Pop-Olymp. (lacht) So ist es nicht. Aber ich persönlich stehe ich schon mehr auf Intimität und Nähe. Das ist mein Ding.

MusikBlog: Du wohnst mittlerweile in Berlin. Vorher hast du in London gelebt. Warum der Umzug?

Ryan O’Reilly: Hier in Berlin kann man sich als Musiker noch richtig ausleben. Man kann sich auf die Straße setzen und einfach losspielen. Man kann auch irgendwo im Wohnzimmer auftreten. Das ging in London bis vor einigen Jahren auch noch. Irgendwann wurden wir aber von den Straßen verbannt. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich weg muss. Außerdem liebe ich die deutsche Sprache. Und die Menschen hier sind alle so freundlich. Deutschland ist generell ein toller Ort für Musiker. Ich kann mich noch erinnern als wir vor sechs Jahren das erste Mal hier in Buxtehude und Kulmbach gespielt haben. Das war unglaublich. Da standen plötzlich dutzende Fans und haben meine Texte mitgesungen. So etwas vergisst man natürlich nicht.

MusikBlog: Apropos deutsche Sprache: Hast du schon ein Lieblingswort?

Ryan O’Reilly: Mir gefällt der Klang des Wortes “Einsamkeit”. Ich finde aber auch “Gemüse” ganz toll. (lacht)

MusikBlog: Ich hätte jetzt eher mit “Currywurst” gerechnet.

Ryan O’Reilly: Oh ja, die Currywurst. Auch ein tolles Wort. Ich schnappe alles auf und über fleißig. Frag mich nochmal in zwei Jahren. Dann können wir das nächste Interview vielleicht sogar schon auf Deutsch führen. (lacht)

MusikBlog: Ist notiert. Werden wir dann auch über dein zweites Album reden? Oder müssen deine Fans erneut zehn Jahre warten?

Ryan O’Reilly: Nein, auf keinen Fall. Ich habe schon viele neue Ideen und Songskizzen im Kopf. Das nächste Album wird bestimmt früher kommen. Versprochen.

MusikBlog: Auch notiert. Demnächst geht es wieder auf Tour. Vorfreude pur?

Ryan O’Reilly: Definitiv! Ich bin schon ganz hibbelig. Weißt du, meine Eltern stammen aus Irland. Da wird man schon als Kind zu Geburtstagen und Weihnachtsfeiern zum Singen gezwungen. (lacht) Dieser Drang, sich zu präsentieren steckt also in meiner DNA. Ich will immer nur raus und performen. Das ist mein Ding. Das ist mein Leben. Und ich hoffe, das wird sich auch nie ändern.

MusikBlog: Auf, dass es so bleibt.

Ryan O’Reilly: Yeah!

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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