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Maifeld Derby 2016

Es gehört irgendwie zum guten Ton von Rock am Ring, dass zur musikalischen Unterhaltung auch Blitz und Donner durch die Eifel grollen. Dieses Jahr war das allerdings eine gute Ladung zu heftig, weshalb das Festival-Dickschiff erstmals in seiner Geschichte vorzeitige abgebrochen wurde. „Wie gut, dass wir auf dem Maifeld Derby sind, statt in Mendig“ dachten sich rund 160 Kilometer weiter südlich wohl die allermeisten Besucher – nicht wenige davon laut.

Das ungleich kleinere, aber unverschämt geschmacksichere Indie-Elektro-Festival am Stadtrand von Mannheim hat zwar auch mit Unwetterwarnungen zu jonglieren, so richtig stürmisch wird es aber erst zu allerletzt. Daughter, die derzeit vielleicht beste Indie-Dream-Pop-Band der Welt, startet am Sonntag um 20:40 Uhr das Festival-Finale im Palastzelt. Zeitgleich bricht ein heftiges Gewitter los, das die Musik nicht nur an den ruhigeren Stellen ein ums andere Mal übertönt.

Doch während vor den Zeltwänden die Welt untergeht, werden drinnen auf musikalischen Wegen Leben gerettet. Daughter sind brillant, der Sound umwerfend, der mehrstimmige Gesang awardverdächtig. Sie sind der Regenmantel mit Daunenfüllung. Besser hätte das Festival nicht schließen können, und dabei hatte die vierköpfige Band um Frontfrau Elena Tonra während der drei Tage wahnsinnig große Konkurrenz.

Doch gerade, weil es draußen so stürmt, versammelt sich eben nur bei den Briten die komplette Festivalgemeinde vor einer Bühne. Die Band erkennt die Gunst der Stunde und lässt keinen einzigen enttäuscht abziehen.

Wenige Minuten zuvor verteilt sich das Treiben noch auf eine der insgesamt vier Bühnen: Den Parcour D’amour, wo solch begnadete Newcomertalente wie Julien Baker vor einem Tribünenpublikum begeistern. Dem Brückenaward-Zelt, wo es auch mal deutlich ruppiger zur Sache gehen darf oder der Freiluftbühne, auf der sich J Mascis mit seinen Dinosaur Jr. gerade noch bei Sonnenschein in die Herzen der Oldschool-Indie-Fraktion gegniedelt hat.

Wem das zu rough ausfällt, der baumelt in den aufgestellten Hängematten, verköstigt sich an Pilsständen und Fressbuden oder kuriert noch den Kater des Vortages. Der dürfte elektronische bis postrockige Nachwehen haben.

Der Samstag gehört schließlich der Supergroup Minor Victories, die zwar in etwas schwammigem Sound baden, und Slowdive-Sängerin Rachel Goswell auch mal gerne einen Ton daneben haucht – die ansonsten aber spielerisch problemlos überzeugen.

Der Tag gehört auch den Postrockgrößen Explosions In The Sky, die um sich einen imposanten Käfig aus Licht bauen lassen, um darin konstant mit den Oberkörpern dem Bühnenboden entgegen zu stürmen. Hier gilt ausnahmsloses Staunen.

Zur späteren Stunde zieht zunächst James Blake mit seiner außergewöhnlichen Stimme über sacht pulsierender Elektronik in seinen Bann, auch ganz ohne Show. Die ist bis auf ein paar tolle Lichteffekte nämlich nicht vorhanden. Dafür lädt im Anschluss Kid Simius mit der geballten Ladung Psych-Elektro zum dadaistischen Abriss.

Wer zu satten Bässen das Tanzbein schwingen möchte, kommt bereits am Freitag mit dem australischen Youngster Flume voll auf seine Kosten. Unmittelbar zuvor spielen sich die Dänen von zum Elektro-Pop-Highlight des Festivals empor. Sängerin Karen Marie Ørsted trägt dabei ein derart knappes Kleid, dass ihre wilde Performance stets zwischen eindrucksvoll und waghalsig pendelt.

Körperlich gesitteter lässt es draußen Wortakrobat Käptn Peng angehen. Er spricht mit einer Socke und verdreht mit philosophisch gewitzten Bandwurmsätzen das Hirn. Im Gegensatz dazu ist die Stimmung im kleinen Zelt geradezu aggressiv geladen. Hier folgen Die Nerven auf Metz und somit Wut auf die Fresse auf Wut und von vorne.

Der Noise- und Hardcorepunk der beiden Bands ist in jeder Hinsicht das Kontrastprogramm zur ansonsten von Harmonie geprägten Veranstaltung. Die Liebe zum Detail, das Händchen für winzige über kleine bis mittelgroße musikalische Perlen, ist den Machern heilig. Der familiäre Charakter jederzeit greifbar und das Eventpublikum deshalb nahezu ausgeschlossen.

Das Maifeld Derby macht auch in seiner sechsten Auflage beinahe alles richtig und dieser anderen Großveranstaltung in der Eifel kleine, aber entscheidende Konkurrenz.

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