Mrs. Riot-Grrrl krakelt wieder munter in ein Mikrofon. Kathleen Hanna hat ihre langjährige Borreliose-Erkrankung hoffentlich diesmal vollständig überwunden und den Nachfolger ihres dritten Bandprojekts The Julie Ruin am Start.
Das war ja was: da feierte Hanna 2013 mit The Julie Ruins Debütalbum „Run Fast“ die fleißig applaudierte Auferstehung, doch die großangelegten Comeback-Tourneen fielen kurzfristig mehrheitlich ins Wasser aufgrund Hannas Gesundheitszustand.
Nicht nur brachte das Projekt The Julie Ruin die Seattler Mitbegründerin der ersten feministischen Punk-Rock-Bewegung wieder zum Gitarren-Sound – erwachsener, surf-punkiger, poppiger, tanzbarer – nein, mit Kathi Wilcox im Boot fand Hanna auch wieder mit ihrer Bikini Kill-Bassistin zusammen.
Die Electroclash-Phase Le Tigre endgültig zu den Akten der frühen Nullerjahre gelegt, ist die Wahl-New Yorkerin und mit Beastie Boy Adam Horovitz eine Indie-Promi-Ehe führende Hanna nunmehr zurück in der Rock-Musik-Spur.
„Hit Reset“ fungiert dabei buchstäblich als Neustart des gesundheitlich aufgehaltenen Comeback-Projekts von vor ein paar Jahren. Tja, da darf man sich keiner ewigen Rock’n’Roll-Jugend-Illusion hingeben: die Indie-Heldin, die Kurt Cobain zum „Smells Like Teen Spirit“-Titel inspirierte, weil sie ihn in den gemeinsamen Seattler Abhäng-Spelunken mit der Bemerkung aufzog, er rieche viel zu sehr nach dem Deo seiner damaligen Freundin, welches halt „Teen Spirit“ hieß, wird ja schließlich auch in ein paar Jahren Fünfzig.
So ist „Hit Reset“ nicht unüberraschend durchzogen von Altersweisheiten und Reflexionen über Vergangenes. Nicht, ohne indes den ihr so eigenen, bei ihr seltsam sympathisch anmutenden Krakel-Faktor zu verlieren.
Selten klingt feminine stimmliche Überdrehtheit so in Ordnung wie bei Kathleen Hanna. Das ist schlicht und ergreifend ihr Markenzeichen – und erzeugt nebenbei eine erstaunliche Parallele zu ihrem Beastie Boy-Ehemann.
Für mich hatte das Debütalbum „Run Fast“ die besseren Songstrukturen, im coolen „Hit Reset“ aber steckt zweifellos noch mehr Persönlichkeit der Indie-Rock-Legende. Das Klischee vom persönlichsten Album tritt nach überwundenen Gesundheitsproblemen und dem allmählichen Übertritt in ein gesetzteres Alter auf The Julie Ruins zweites Album voll und ganz zu.