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Raf Rundell – The Adventures of Selfie Boy Part 1

Wer es sich in seiner Filterblase zu gemütlich eingerichtet hat und glaubt, über alles Bescheid zu wissen, den rüttelt Raf Rundell aus seiner Lethargie. Der erste Song „Carried Away“ erinnert mit seiner zappelnder Indiemanier über einem an Industrial geschulten Beat pausenlos daran, den adoleszenten Entdeckertrieb nicht zu verlieren und die Rezeptoren stets auf Empfang zu stellen.

Der Brite startet mit dieser Nummer mindestens unverhofft in ein Album aus lediglich sechs Songs in 26 Minuten, das gleichzeitig mit dem Sound des Disko-Hip-Hop-Duos The 2 Bears, welches Rundell an der Seite von Hot Chip Keyboarder Joe Goddard betreibt, souverän bricht.

Der vielversprechende Auftakt gibt nur leider noch längst keine Richtung für Rundells Solodebüt vor. Im Gegenteil: Der zweite Song „Right Time“ macht eine 180-Grad-Wende und zerstört mit unspektakulärer Elektro-Lounge-Musik die hohen Erwartungen des Openers. Dass dieser Song wiederum als erste Single ausgekoppelt wurde, passt gut zum Cover des Albums – eines der hässlichsten des Jahres. Vor einer in Photoshop laienhaft auf negativ gedrehten Kulisse, steht ein stümperhaft freigestellter Rundell als eine Art blutrünstiger Hohepriester, uns alle zur Rechenschaft zu ziehen.

Es zeigt vor allem, was für ein verquerer Kauz hier am Machen war. Einer, der einiges kann, und was er nicht kann, mit Wollust scheitern sehen möchte. Allein die Evolution des Albumtitels „The Adventures Of Selfie Boy Part 1“ an Rundells Facebook-Pinnwand nachzuvollziehen, gehört mit zum Verständnis der Platte. Fettnäpfchen sind schließlich da, um rein zu springen.

Dann aber haut er mit „Shopping For A Shaman“ an dritter Stelle auch wieder einen Song raus, der so gut ist, dass Damon Albarn und seine Gorillaz dafür ihre Schwiegermütter verkaufen würden.

Als ebenfalls gelungen ist der smoothe Hip-Hop in „Poor Bitch“ zu bezeichnen, gefolgt von der Inditronic-Nummer „Cosmos Boss“, die im Schatten von TV On The Radio eine gute Figur macht. Dass das abschließende “Llama Farmer” mit seinem Dance-Elektro wieder deutlich abfällt, erscheint da fast schon wieder logisch.

Hier hat jemand eine Platte gemacht, mit der er sich kreuz und quer austoben wollte und dann doch nur auf sechs Songs kam. Insgesamt bleibt das immanente Verlangen nach mehr Mut zu mehr Vielseitigkeit und weniger bescheuerten Selfies daher eher unbefriedigt.

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