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Joseph – Live im Molotow, Hamburg

Joseph spielt im Molotow. Normal eine Szenerie aus lauten, verzerrten Gitarren, ekstatischem Publikum und von der Decke tropfender Schweiß. Und dort spielen drei Mädels, die primär singen? Klingt nach spannender Überbrückung von Kulturgrenzen.

Dies erkennt auch das Publikum sofort nach Einlass. Die familientaugliche Musik motiviert einige Jüngere, die Eltern mit auszuführen. Vereinzelt unterlagern irritierte Blicke erzwungene Souveränität. Nein, „Tee gibt es hier nicht an der Bar“, wirklich nicht.

Ben Kramer aka „ Old Sea Brigade“ eröffnet mit 45min Verspätung. Zwei Züge kaputt, erst 15min nach geplanten Beginn in Hamburg angekommen. Taxi und sofort auf die Bühne, Soundcheck braucht’s nicht für ein Mikro. Nach drei Stücken üblichem Singer-Songwriter Repertoire auch schon vorbei. Ordentlicher Zeitdruck, ab 23h will das reguläre Publikum sein Molotow wieder zurück.

Der Bühnenaufbau von Joseph aus Portland ist ähnlich spartanisch. Drei Mikrofone, eine Gitarre und ein kleines Holzkästchen mit XLR Stecker. Strahlende Lebensfreude entert die Bühne. Optisch abwechslungsreich zwischen Blümchenkleid und knackig engem Schwarz.

Die beiden Zwillinge Meegan und Allison zeitgemäß mit süßem Mini-Dutt. Die ältere Schwester Natalie mit schwarzer Wuschelmähne der optische Ausreißer. Passend zur politischen Situation „… sind wir drei Schwestern aus dem Land dessen Namen wir zur Zeit nicht nennen wollen. Wir wollen heute Abend ja Spaß mit Euch haben.“

Eigentlich fehlt die Band, aber dem Sound fehlt sie nicht. Um Vielfaches vollständigere Musik als auf Platte. Klassischer Folk und Singer-Songwriter Sound wechselt mit Solo Gesangs-Einlagen bis hin zu komplizierten Kanons.

Nie schrammelig und immer mit Freude am Spielen sowie der Kommunikation mit dem Publikum. Alle drei sind mit Bühnen-Genen und solider Ausbildung gesegnet. Eine Stimme ist etwas schöner, die nächste etwas voller und die dritte etwas extrovertierter.

Jedes Stück erschafft am Ende erstaunlichen Druck. Bis hin zu Low-Tempo Sound an einigen Stellen. Ganz groß dabei das Holzkästchen. Selbstgebastelt, mit Tonabnehmer im Inneren, klingt es wie eine organische Bass-Drum. Beeindruckend wie Natalie das unscheinbare Kästchen mit Fuß-Stampfen einsetzt. Komplex asynchrone Konterpunkte zum Rest setzend, dann wieder als einfache Verstärkung des Drives im Takt.

Mit der Zugabe holen sie nochmal alles aus dem Publikum heraus, viele echte Fans sind da. Über den gesamten Gig insgesamt doch etwas repetitiv mit wenig herausstechender Abwechslung.

Und die Hackordnung zwischen drei Schwestern auf der Bühne? Nicht offensichtlich, alle übernehmen gleichmäßig ihren Part. Ansagen und Solos wechseln konsequent durch. Jede bekommt ihren Part Aufmerksamkeit.

Natalie, nach Position auf der Bühne nicht der Mittelpunkt, ist doch unterschwellig das Rückgrat. Nicht nur bedient sie die einzigen Instrumente, sie könnte die Bühne auch alleine füllen. Alle drei vereint: harmonisch vollständig.

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