Es ist eine Neuausrichtung, die Leslie Clio mit ihrem neuen Album „Purple“ hinlegt: weg vom Image des fröhlichen, unbeschwerten Mädchens hin zu dunklen, ja, verletzbaren Tönen.

Die erste Single-Auskopplung „Darkness Is A Filler“ spricht für sich allein: Es wird ernst auf „Purple“.

Und Ernst machte Leslie Clio bereits, als sie sich 2015 nach zwei gelobten Alben, großem Erfolg, sogar einer Echo-Nominierung ein Flugticket nach Hawaii kaufte – ohne Rückflug. In Berlin ließ die gebürtige Hamburgerin alles zurück, verkaufte, was sie nicht mehr benötigte, brach den Kontakt zu einigen Menschen ab – weg von allen, raus aus allem, Neuanfang.

Beim Hören von „Purple“ gewinnt man dann tatsächlich den Eindruck einer regelrechten Emanzipation. Schlüsselwörter, die in Leslie Clios Songtexten immer wieder anklingen sind Enttäuschung, Wut, Verschwendung und Verletzung, aber auch Resignation, die-Schnauze-voll-haben, Aus- und Aufbruch. „I’m tired of speaking sweetly / My thoughts ain’t sweet no more / I’ll set out for a new life / ‚cause he’s over me for sure” heißt es beispielsweise in der zweiten Single-Auskopplung „And I’m Leaving“.

Ausgangspunkt der meisten Songs auf „Purple“, so hat es den Anschein, ist ein gebrochenes Herz. Doch statt Selbstmitleid gibt es zwar auch Melancholie, jedoch vor allem Stärke zu hören.

Der Retro-Touch, der ihre älteren Songs prägte, ist einem kraftvollen, düsteren, elektronischen Klang gewichen, der hier und da an Banks erinnert. Und dieser neue Klang steht Leslie Clio unglaublich gut. Vor allem Titel wie der starke Opener „Lies Are Gold“, ein betörendes „Darkness Is A Filler“ und ein wunderschön klagendes „Game Changer“ beweisen das.

Obwohl auf ihren beiden ersten Platten „Gladys“ und „Eureka“ durchaus auch ernste Töne zu hören waren, hatte man dank Single-Auskopplungen wie „I Couldn’t Care Less“, „My Heart Ain’t That Broken“ und „Eureka“ über die Jahre den Eindruck gewonnen, Leslie Clio könne vor allem fröhlich. Mit diesen luftig-leichten Pop-Songs hat „Purple“ jedoch nur noch wenig zu tun.

Um auf „Purple“ auf eine gänzlich fröhliche Nummer zu stoßen, muss man sich bis zum siebten Song durchhören, „In And Out“. Das ist auch die einzige. Allerdings schimmert hier und da ein Refrain durch, eine Bridge, die nicht so ganz zu Leslie Clios neu erfundener Identität passen will („Sad Games“, „And I’m Leaving“, „In And Out“).

Auf „Purple“ sind nur noch wenige tanzbare Tracks zu finden, wie der slightly 80er-Jahre geprägte Song „Aquarius“ zum Beispiel. Ein Song wie das Gefühl, betrunken im Club jede Sorge und allen Herzschmerz wegzutanzen – insbesondere zum starken Ende, wenn sich die Sound-Schichten dissonant übereinander legen.

Auf ähnliche Art und Weise verschwimmen auch die visuellen Bilder und Aufnahmen der Sängerin in ihren Musikvideos zu „Darkness Is A Filler“ und „And I’m Leaving“ sowie auf ihrem Album-Artwork. Es hat hier fast den Anschein, als oszilliere Leslie Clio zwischen den Identitäten.

Und so ist ihr auch der Imagewechsel noch nicht vollends, aber schon fast gelungen.

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