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Liars – TFCF

Ein schlechtes Album müssen Liars erst noch aufnehmen. Eines, das sich wirklich verstehen lassen würde, ebenfalls. “TFCF” (“Theme From Crying Fountain”) ist die achte Platte mit Kunstmusik durch und durch. Der Punk ist raus, der hypnotische Hirnfick noch immer tief verwurzelt im Hybrid-Sound aus Post-Industrial-Elektro-Artpop. Oder so ähnlich.

„Why can’t you shoot me through my heart?“ möchte Sänger, Bassist und alleinig verbliebenes Bandmitglied Angus Andrew in „Staring At Zero“ wissen – ein Song, der sich mit schleppendem Beat und geknicktem Sprechgesang über einen klebrigen Untergrund schiebt. Xiu Xiu machen das in ihren weniger noisigen Stücken ganz ähnlich.

Die Antwort auf Andrews Frage ist simpel. Diese Art von Musik trifft nie in Herzen, sie trifft auf die Geister, die sie rief, die psychische Achterbahnfahrt der Verkopften und die Neugierde jener Gemüter, die mit Avantgarde schon lange keine militärische Vorhut mehr verbinden.

So weltfremd, wie das hässliche Cover wegen seiner geschmacklosen Typografie über einer bedrückend-schäbigen Hochzeitsszenerie mit männlicher Braut vermuten ließe, sind Liars auf „TFCF“ allerdings nicht (mehr).

Viele Songs fangen sehr gelungene, spannend ausgearbeitete Melodien ein. Das Verwirrspiel besorgen die Rhythmen, Synthesizer und die undefinierbare Klangkulisse drum herum.

Andrew beweist mit seiner dunklen Gesangsleistung häufig Ähnlichkeit zu seinem Freund Tunde Adebimpe von TV On The Radio, als diese noch nicht den Pop für sich entdeckten (den sie zweifellos bereicherten).

Einer der eindrücklichsten Songs in dieser Hinsicht ist „Cliche Suite“: Ein Beat aus dem schlickigsten Sumpfloch, Gesang aus einem angeschossenen Leierkasten und Bläser wie bei einem Trauermarsch durch New Orleans.

Und dann lassen Liars die Stücke noch häufig sehr eloquent und unbemerkt ineinander fließen. Da steckt Hirnschmalz drin, der mehr kann, als nur die viel bescholtene, willkürliche Soundcollage zu formen, die dieser Kunstform so oft unterstellt wird.

Dass sich sogar manch grooviges Hitpotenzial in den Songs verbirgt, offenbart sich erst nach mehreren Durchläufen. „No Tree No Branch“ ist einer der flotteren Songs, die über Klavier, Cowbells und spielerischem Gesang dem unterbewussten Bewegungsdrang in die Karten spielen.

Und wie genial das dann ist, wenn ausgerechnet die auf eigenbrötlerische Weise ins Ohr springende Refrain-Zeile das Kind beim Namen nennt: “If you listen, you will hear that sound right there in my mind tonight“.

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