Ist das noch Pop oder schon Kunst? Und gibt es da überhaupt einen Unterschied? Wenn wir Leslie Fiedlers bekanntem Aufsatz „Cross the border, close the gap“ glauben wollen, dann nein: Da gibt es keinen Unterschied.

Diesen Ansatz vertritt auch das neue Album der Trailer Trash Tracys: Die 10 Songs von „Althaea“ lassen sich nicht unter dem traditionellen Label Popmusik greifen, sondern mischen klassische Popelemente mit artifiziellen und experimentellen Klangkulissen.

Die Musik, die die Trailer Trash Tracys machen ist – trotz des Bandnamens – kein rotziger Punk, sondern ein fein komponierter Indie-, bzw. Dream-Pop mit sphärischen Vocals, der mit allerlei Sounds spielt.

Was genau alles mit dabei ist, kann ich nur in Ansätzen erahnen. Intuitiv würde ich der Platte lateinamerikanische Rhythmen, karnevaleske Philippino-Sounds und japanische Einflüsse unterstellen. Bestimmt lässt sich in „Althaea“ aber noch viel mehr entdecken.

Das Album ist musikalisch gesehen derart dicht und vielfältig, dass man den Eindruck hat, man könne bei jedem Hören wieder ein neues Detail, eine neue Referenz entdecken.

Was hierbei bereits mitschwingt: Das Hören von „Althaea“ erfordert Aufmerksamkeit – eine Tatsache, die angesichts der schieren Massen an musikalischem Input, dem wir heutzutage ausgesetzt sind, durchaus erwähnenswert erscheint.

Die Trailer Trash Tracys machen keine Musik, die man einfach so nebenbei hören kann und sollte. Sind auch alle Songs gleichsam sinnlich, intuitiv und ungewöhnlich, bildet jeder Titel dennoch seinen ganz einen Klang-Kosmos, der es wert ist, ihn mit vollem Bewusstsein zu erfahren.

Während man sich bei dem Track „Siebenkaes“ wunderbar vorstellen kann, in einem Liegestuhl am Strand zu sitzen, erwecken die abgespaced klingenden Synthie-Sounds in „Casadora“ den Eindruck, als breche man zu einer Sci-Fi-Weltraummission auf. Titel wie „Eden Machine“ hingegen erinnern an die tragisch-nostalgische Romantik japanischer 70er-Jahre-Streifen.

Die Trailer Trash Tracys überwinden mit ihrer Platte aber nicht nur stilistische und räumliche Grenzen, sondern auch zeitliche: „Althaea“ spielt mit futuristischen Elementen und ist gleichzeitig von einer dicken 80er-Jahre-Patina überzogen. Die Songs wirken wie aus der Zeit gefallen und schweben irgendwo zwischen dem Charme vergangener Zeiten und experimentellen Zukunftsvisionen.

Von dieser Feststellung lässt sich ein wunderbarer Bogen zurück zum Anfang und Leslie Fiedler spannen: Dem Border-Crossing und Gap-Closing werden die Trailer Trash Tracys auf vielfältige Weise gerecht.

Ihr Album „Althaea“ verweigert sich mit seinen kunstvollen Arrangements der einfachen Kategorisierung als Popmusik und reißt dabei Genregrenzen wie auch stilistische, räumliche und zeitliche Grenzen ein. Das ist Pop und das ist Kunst!

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