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alt-J – Live im Palladium, Köln

Das Kölner Palladium ist an diesem stürmischen Mittwochabend proppenvoll. Selbst die Empore ist offen und schon zur Vorband ist am Geländer kaum mehr ein Platz zu ergattern.

Völlig zu Recht sind viele Zuschauer heute früh genug angereist, um sich Marika Hackman anzuschauen, ist die Britin doch selbst keine Unbekannte mehr. Bei ihrem Debütalbum „We Slept At Last“ saß alt-J Produzent Charlie Andrews an den Reglern, weswegen es nicht weiter überrascht, dass Hackman ihre Landsmänner auf der gesamten Europa-Tour supportet.

Die 25-jährige liefert zusammen mit ihren drei Band-Kollegen eine solide Show ab, die nicht mit Überraschungen geizt. Nach den ersten Songs hat man Hackman eigentlich schon guten Gewissens in die Sparte süß verspielter Indie-Pop à la BOY einsortiert, da regnet es plötzlich schrammelige Gitarren-Soli und Soundgarden-Harmonien von der Bühne und man schaut noch schnell genauer hin, ob da vielleicht irgendjemand ein Karo-Hemd an hat. Denn sonst fehlt eigentlich nichts mehr zum Grunge.

Die Mercury-Price-Gewinner alt-J schlagen da bekanntermaßen ruhigere beziehungsweise sphärischere Töne an. Die Show hat etwas Statisches, was sicher auch daran liegt, dass die drei Bandmitglieder durch senkrechte Streben voneinander getrennt sind und so gewissermaßen in ihrem Käfig gefangen sind. Für die Lichtshow setzt das großartige Effekte, das gemeinsame Musizieren hat aber eher was von Tunnelblick.

Wer nach dem Opener „Deadcrush“ schon Angst hatte, die heutige Show würde ganz im Sinne von „Relaxer“ stehen, der muss sich keine Sorgen machen. Man könnte meinen, alt-J seien von ihrem aktuellen Album selbst nicht so ganz überzeugt. In ihrem knapp 90-minütigen Set bringen sie gerade mal drei der neuen Songs unter.

Die Fans stört das offensichtlich nicht. Denn obwohl man nirgends im Publikum wie bei früheren Shows das mit Fingern geformte Delta-Dreieck als Begrüßung erblickt, werden gerade die alten Nummern mit johlendem Beifall belohnt. Bei „Mathilda“ übernimmt das Publikum kurzerhand den Refrain.

Die Stimmung ist extrem gut im Kölner Palladium. Es scheint auch kaum jemanden zu stören, dass die Zweistimmigkeit von Sänger Joe Newman und Keyboarder Gus Unger-Hamilton bei einigen Songs hart an der Grenze zu harmonisch ist. Während das Outro von „Taro“ stimmlich perfekt ist, gehen bei „Hunger Of The Pine“ oder „Bloodflood“ einige Töne ganz schön daneben.

Da es bei alt-J mit ihrem speziellen Sound aber noch nie vorrangig um stimmliche Perfektion ging, kann man die kleinen Fehltritte ausnahmsweise als sympathische Imperfektion abstempeln und geht trotzdem zufrieden nach Hause.

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