Doc Schoko hört sich auf dem ersten Ton seiner neuen Platte an wie der Rohrreiniger, der unlängst morgens kurz vor sieben nach der Verstopfung im Fallrohr im von mir bewohnten Mietshaus suchte. Ein illusionsfreier Pöbel-Monolog über Scheiße und schlechte Bezahlung, begleitet vom scheppernden Geräusch einer Werkzeugkiste.
Angespült „Am Strand“, den Blick landeinwärts gerichtet, geht der Wahl-Berliners rumpel-rockend seines Weges, mittellos, die Neige des gefundenen „Bierchen“ („es ist warm, es ist alt, doch es ist Sprit“) absorbierend – besser ließe sich die Nähe von Niedriglohn-Sektor und Menschen im Schatten der Künstlersozialkasse nicht in Worte fassen.
Was beim Handwerker Stand-Up-Performance, ist beim Doc ausgefeilt formulierte Kapitalismus-Kritik. Überhaupt beschäftigt sich Christian Schulte alias Doc Schoko ständig mit dem Erschaffen wohlfeiler Texte nebst der dazugehörigen Musik, ist für das Theater tätig, als Support für kantige Szene-Größen im Einsatz (etwa für den seit vergangenen Mittwoch leider nicht mehr am Zeitgeschehen teilnehmen könnenden Mark E. Smith) oder spielt mit ebensolchen Alben ein.
Neun neue Stücke liefert „Stadt der Lieder“, dem Album Nummer vier vom Mann aus dem Ruhrgebiet, das er unter dem Dach von Staatsakt einspielte. Was zu Beginn rumpelt, scheppert und brummt, formiert sich spätestens ab dem Titeltrack zum musikalisch wertigen Begleiter eines kompromisslosen Individualisten.
„Pferdekopfnebel“ etwa, das sich voller Shoegaze-Visionen aufbäumende Stück, welches mit ponyhof-fernen Aussagen aus der Slot-Machine der Lebensweisheiten glänzt und vokal von einer großartig aufgelegten Kristina Keller unterstützt wird.
Noch gewaltiger gerät „Trocken“, wo zu den Klängen einer auf Sitar getrimmten Gitarre und nervösen Geigentönen epische Breite erreicht wird, und das mit Friends Of Gas artiger Intensität vorgetragene „Durst“, welches selbigen zu mehr als einem Teil des physiologischen Verlangens auf der Maslowschen Bedürfnispyramide qualifiziert.
Krautrock, Psychedelic, Prog, Garage und Punk ergeben ein Album zwischen CAN, Ton Steine Scherben und Isolation Berlin, zwischen Nonsens und Promotion mit dessen Hilfe keiner auf dem „Hirnfriedhof“ sozialer Unterschiede verendet.