Sieben Jahre hat Gisbert zu Knyphausen sich für sein aktuelles Album „Das Licht dieser Welt“ Zeit gelassen und wurde schmerzlich vermisst. Das zeigt nicht zuletzt die große Nachfrage: Das Kölner Gloria ist ausverkauft. Auch für die Zusatzshow sind keine Karten mehr zu haben. Das Publikum ist dementsprechend gespannt.

Bei Knyphausen ist viel passiert in den letzten Jahren. Nicht nur privat, sondern auch musikalisch. Vom schüchternen Singer/Songwriter-Barden hat sich der Hesse zur – okay, immer noch leicht schüchternen – Frontmann-Rampensau gewandelt.

Die Bühne ist so voll, dass die insgesamt sechs Musiker kaum Platz haben sich zu bewegen. Knyphausen hat ordentlich aufgefahren. Wer die aktuelle Platte kennt, den wundert das nicht, sind dort Klavier und Bläser allgegenwärtig. Spannender wird es bei den älteren Songs, die sie natürlich auch im Gepäck haben, wie Knyphausen in einer seiner spärlichen Ansagen erklärt.

Es ist fast, als würde er zwischen den einzelnen Songs zu einem anderen Mensch werden. Bei „Stadt, Land, Flucht“ schreit er die Bridge nur so aus sich raus, die Band zieht alle Register. Man ist zunächst verwundert von diesem krachigen, extrovertierten Sound, stellt aber schnell fest, dass Knyphausen zwischen verzerrten Gitarren und Posaunen-Soli ganz schön gut aussieht.

In den kurzen Minuten, in denen die Gitarre gewechselt oder neu gestimmt werden muss, hält er aber trotzdem lieber die ungemütliche Stille aus, als jetzt einen auf Entertainer zu machen.

Die Show ist das reinste Wechselbad der Gefühle. Im ersten Zugabenblock folgt auf das laute und fast lebensbejahende „Erwischt“ vom ersten Album das todtraurige „Seltsames Licht“, in dem Knyphausen sich mit dem Tod seiner Mutter auseinandersetzt.

Solche Momente, in denen sich die Trauer und die Freude die Hand geben, gibt es viele. Das Publikum hält bei den stillen Nummern den Atem an. Hier und da wird mitgesungen – aber nur ganz leise, mit Ehrfurcht. Eigentlich hört man nur ein paar S-Laute zischen. Und wenn man bei den Zuschauern genau hinschaut, sieht man sogar ein paar Tränchen fließen.

Umso mehr freut man sich, wenn Knyphausen dann in Songs wie „Teheran Smiles“ besingt, dass er seine Trauer hier endlich überwinden konnte. Denn so sehr man seine melancholischen Texte liebt, zu viel Traurigkeit kann doch auch keiner aushalten.

„Und heute Abend suchen wir uns nur das Beste aus / Wir gründen eine Band und spielen bis der Morgen graut“, verspricht Knyphausen in „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ und wird vom Kölner Publikum für diese Zeile ausgiebig bejohlt. Auch, wenn sie nicht bis zum Morgengrauen spielen, sondern nach gut zwei Stunden die Bühne verlassen, haben Knyphausen und seine Band heute alles richtig gemacht.

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