Wow, sobald man „Heart Attack“, den ersten Track des neuen Tune-Yards Album einschaltet, wird man direkt auf eine imaginäre Tanzfläche gezogen. Das vierte Studioalbum „I Can Feel You Creep Into My Private Life“ von Merill Garbus und Nathaniel Brenner vereint zwölf teils tanzbare, teils sperrige Songs.

Was bei den Tune-Yards sofort ins Ohr geht, ist Merills Stimmlage. Sie changiert zwischen Nina Simone und Anohni. Die Musikerin studierte zeitweise in Kenia und das hört man den Liedern an. Eine weiße Frau klingt wie eine Schwarze und imitiert auch die Art des (Stammes-) Gesanges – ja, das kann schwierig sein, Stichwort „kulturelle Aneignung“.

Die gebürtige Amerikanerin ist sich dessen aber bewusst und setzt sich mit ihren Privilegien auseinander. In einem Interview erklärte Garbus, dass der Albumtitel weniger um die Privatsphäre in Zeiten von Big Data geht, sondern um das Aufwachsen und Leben in einer strukturell rassistischen Gesellschaft.

All diese Brüche und Widersprüche werden durch den Tune-Yards-Sound abgebildet. „Now As Then“ beginnt mit Straßengeräuschen, es gibt eine schmale Bassline und eingestreute Klavierakkorde. „Don`t trust me. I`ll take all your money and run“ wird da gesungen und die Stimmung ist bedrückend.

Bei „Honesty“ klimpert es aus allen Ecken und der Beat pumpt sich in den Vordergrund. Der Chorus „Honesty gone“ wird immer wieder gesungen, gesampelt und verfremdet. Wohin die Ehrlichkeit verschwunden ist, erfahren wir jedoch nicht.

Noch experimenteller wird es bei „Colonizer“, einem Song, in dem die Musikerin sich mit ihrer Hautfarbe und ihren Bevorzugungen auseinander setzt. Der Song hat einige Brüche, wechselt zwischen wuchtigen Synthie-Parts, elektronischem Geraschel und fragilem Gesang, der zunehmend höher und zerfaserter wird – und plötzlich endet.

„I Can Feel You Creep Into My Private Life“ ist kein Longplayer, der einfache Antworten auf komplexe Fragen gibt. Aber die Tune-Yards können auch zugänglichere Songs schreiben. „ABC 123“ und „Look At Your Hands“ sind tanzbare Tracks, die man mitsingen muss und dadurch augenblicklich Glückshormone freigesetzt werden.

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