„Der Schmerz um Liebe, wie die Liebe bleibt, unteilbar und unendlich.“ schrieb Goethe einst. Man könnte meinen, dass das neue Album „Brighter Wounds“ von Son Lux ganz und gar von diesem Goethe-Zitat inspiriert wurde.
Mastermind und Multiinstrumentalist Ryan Lott sowie seine Mitstreiter Rafiq Bhatia und Ian Chang veröffentlichen ihr fünftes Album. „Forty Screams“ heisst der mysthisch-dramatische Opener, in dem Lott zerbrechlich à la Scott Walker singt und hofft, dass wir alle Träumer sind. Er sei eine alte Seele in einem jungen Körper, stellt der Musiker ebenfalls in diesem Song fest.
Eskapismus-Fantasien und der Wunsch, nicht im Hier und Jetzt verweilen zu müssen, werden auf dem Longplayer noch öfter geäußert. Stakkato-Beats und Chor-Gesang, der schon aus Coldplay-Songs Stadionhymnen gemacht hat, sowie musikalische Weiten, die an Woodkid erinnern, so klingt „Dream State“. Gegen Ende des Songs ist der Gesang sehr weinerlich und Ryan Lott fragt: „How do we feel in that photograph/ And how do we feel it again?“.
Eine Antwort liefert er nicht, er ist zu sehr mit Leiden beschäftigt, so scheint es. Der Track „The Fool You Need“ bestätigt die These, dass der Sänger aktiv die unterlegene Rolle in einer Beziehung für sich beansprucht.
Alle zehn Stücke auf dem Album verbindet die Tatsache, dass sie nicht gängigen Songstrukturen folgen, sondern eher im Jazz zu verorten sind. Bei der Auswahl der Instrumente hat sich das traurige Trio nicht limitieren lassen:
Da treffen Synthie-Akkorde auf Holzbläser, da jazzt der Moog, da rauscht Wasser und eine Querflöte ist auch zu hören. In „All Directions“ knarzen Türen und es wird gefragt, ob wir früher nicht wirklich hübsch zusammen waren?
„Brighter Wounds“ liefert zum wiederholten mal den Beweis für die These, dass Leiden die Kreativität beflügelt. (Herz-) Schmerz ist nicht berechenbar. Oder teilbar. Aber in diesem, dem letzten oder dem nächsten Leben gibt es neue Hoffnung, darauf setzt Ryan Lott.
Das neue Werk von Son Lux ist eine perfekte Liebeskummer-Platte, die nach zwei Flaschen Wein genauso zerfasert klingen wird, wie nüchtern. Niemand ist mit seinem Kummer allein: Son Lux leiden auch episch und soundtechnisch extravagant mit.