Mit seiner neuen Platte „Be More Kind“ plädiert Frank Turner für mehr Nettigkeit in der Welt. Und liefert passend dazu auch 13 total nette Songs. Das Sprichwort, dass nett manchmal auch die kleine Schwester von scheiße ist, hat dem britischen Barden anscheinend noch niemand nahe gebracht.

Dabei geht es auf Turners siebtem Studioalbum zumindest textlich so ernst zu wie nie zuvor. Songtitel wie „Make America Great Again“ oder „1933“ sind eine wenig subtile Kampfansage an gewisse Staatsoberhäupter, die Teile mancher Länder als „shithole countries“ bezeichnen und schamlos Twitternachrichten verbreiten, die maximal dem Intellekt eines Grundschülers entsprechen.

Man fühlt sich thematisch an beispielsweise Rage Against The Machine erinnert, die vor gut zehn Jahren mit wütendem Crossover ihrer Wut über die US-Politik Luft gemacht haben.

So. Jetzt steckt aber schon in Turners Albumtitel, dass er mehr Nettigkeit in der Welt will, was ja angesichts der aktuellen Lage auch eine legitime Forderung ist. Vielleicht verpackt er deswegen seinen Missmut ausschließlich in nette Pop-Songs. Wenn man nicht genau hinhören würde, könnte man anhand der Musik meinen, es ginge um den nächsten Sommerurlaub.

„Don’t Worry“ ist eine ausproduzierte Singer/Songwriter-Nummer mit Background-Claps, Streichern und Oh-oh-oh-Chören. „Little Changes“ hat mit den ebengleichen Chören und einer verspielten Gitarre gute Chancen auf den Indie-Pop-Sommerhit des Jahres. Und dazu gibt’s obendrauf noch Zeilen wie „I’ve been melting in the summerheat“.

Mit „There She Is“ könnte Turner ohne weiteres die nächsten Stadiontour von U2 eröffnen und einen Großteil des Publikums für sich gewinnen. Bei „Common Ground“ machen es die überprominenten Elektrobeat-Schnipsel, die den Song konsequent durchzucken, ein bisschen schwierig, ebenjenen zu finden.

„Be More Kind“ ist eine solide Pop-Platte, die nett anzuhören und mit Sicherheit gut gemeint ist. Aber wie Kettcar schon auf ihrem Debütalbum am Schönsten vertonten, ist das Gegenteil von gut eben manchmal gut gemeint.

Es ist wichtig und lobenswert, dass Frank Turner den Rechtspopulisten einen deutlichen Kommentar entgegensetzt. Aber warum das musikalisch in banalem Pop verpackt wird, der wie wild Richtung Punk, Indie und Streicheroverflow ausbüchst und dabei seinen roten Faden verliert, bleibt ein Rätsel.

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