Dev Hynes alias Blood Orange hätte ja allen Grund, wütend zu sein. Oder verängstigt. Oder traurig. Hat er in seinem jungen Leben doch als queerer, schwarzer Mann bereits verschiedenste Anfeindungen und Ausgrenzungen erleben müssen.
Und so kündigte er im Vorfeld zu „Negro Swan“ nachvollziehbar an: „My newest album is an exploration into my own and many types of black depression, an honest look at the corners of black existence, and the ongoing anxieties of queer/people of color.“
Diesen aus verschiedensten Erfahrungen gewachsenen Ängsten aber mit aggressiver Angriffshaltung zu begegnen, widerspräche allem, wofür Blood Orange bislang stand.
Angst begegnet er nämlich mit dem alles überstrahlendem Licht der Hoffnung – das sich situativ übrigens auch erotisierend herunter dimmen lässt -, Hass nicht mit geballten Fäusten, sondern offenen Armen. Und den indoktrinierten Minderwertigkeitsgefühlen mit Funk-Gitarren, Wave-Rhythmen und Jazz-Bläsern, A$AP Rocky und Puff Daddy.
Generell orientiert sich „Negro Swan“ dabei musikalisch an dem großartigen Vorgänger „Freetown Sound“, vervollständigt aber das Selbstporträt des Dev Hynes durch einige essentielle Linien. Und addiert joviale Farbkleckse.
Dev Hynes säuselt in, schmust sich an und räkelt sich auf unseren Gehörgängen. Zärtlich, mit androgyner Sensibilität, exzentrisch und introvertiert wie es eigentlich nur Prince vorbehalten war. Dabei auch immer verletzlich: „No one wants to be the odd one out at times / No one wants to be the negro swan / Can you break sometimes?“
„Charcoal Baby“ schmeichelt mit einem Saxophon, das selbst George Michael hätte erröten lassen und auf „Chewing Gum“, dem u.a. dank A$AP Rocky angriffslustigsten Track der Platte, dominiert ein hyperaktiver Beat der einen quasi dazu zwingt, Michael Jacksons Tanzschritte herbei zu fantasieren.
„Hope“ dagegen ist so sexy, dass man beinahe schamvoll errötet, mit dem Song auf den Ohren in die Öffentlichkeit zu treten und „Nappy Wonder“ – dem eingängigsten Track der Platte – huldigt Prince wie noch kein anderer Song zuvor.
Auf „Negro Swan“ kulminiert Hynes sämtliche Spielarten der Black-Music zu einem sinnlichen Kongolmerat. Dabei ist ihm ohne verklärende Naivität eine Ode an das Anderssein geglückt. Und seine bislang wichtigste Platte:
Besänftigend und stark, mit Haltung und Persönlichkeit, in gedämmtem Licht und mit weit ausstrahlender Hoffnung.