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Slaves – Acts Of Fear And Love

Punk war schon immer ein wenig paradox. Denn Punk ist Distinktion und Vergemeinschaftung in einem. Anders sein, aber eben gemeinsam. Spaß haben, aber eigentlich nicht, aber eigentlich erst recht, denn: No Future.

Slaves haben – und das scheint eine Eigenart britischer Bands zu sein – den Mut, all das, was Punk ist, sein soll oder eben nicht, auszublenden. Und so ist „Acts Of Fear And Love“ folgerichtig auch wieder ein Widerspruch in sich: Punk für Jedermann – und das sogar, ohne in anbiedernd-verweichlichte Beliebigkeit zu verfallen.

Die Jungs haben Bock. Bock darauf zu spielen, Bock darauf gehört zu werden und Bock darauf Liebe zu verbreiten. Nicht mehr: Macht kaputt, was euch kaputt macht, sondern erst mal die andere Wange hinhalten. Die Hippiewerdung des Punks sozusagen.

Was wie ein Affront sondergleichen klingt, funktioniert auf „Acts Of Fear And Love“ erstaunlich gut. Und das liegt vor allen Dingen an der Musik.

Mit „The Lives They Wish They Had“ beginnt das Album gleich mit einer beispiellosen Spoken-Word-Punk-Hymne. Exzentrische Art brut, die an gleichnamige Band erinnert. Eine narzisstisch-extrovertierte Variante der Sleaford Mods.

Und mit „Cut And Run“ folgt einer dieser Songs, bei dem man nicht anders kann, als daran zu denken, wie viel Spaß ein Konzert der zugehörigen Band machen würde. Und was Electric Six („I Wanna Take You To A Gay Bar“) heute eigentlich so treiben.

„Bugs“ ist ein einziger Pogo-Psalm mit California-Punk-Attitüde, „Magnolia“ erinnert an klassisch-englischen Post-Punk und „Chokehold“ an die Zeit vor etwa 15 Jahren, als es noch ein Qualitätsmerkmal war, ein „The“ im Bandnamen zu tragen. Die Playlist für FIFA 19 ist auf jeden Fall schon mal um einen Song reicher.

Aber es ist nicht mehr nur die exzessive Party. Sondern auch mal ruhiger, ja geradezu einfühlsam. „Daddy“ ist ein Song, den man so von Slaves noch nie gehört hat. Unter zwei Minuten wird die Geschichte einer Midlife-Crisis besungen.

Ja, besungen. Auch das funktioniert! Erstaunlich gut sogar. Ähnliches gilt für „Photo Opportunity“.

Einziger Holperstein auf dem Weg zum rundum gelungen Werk ist „Artificial Intelligence“, das klingt, als hätten Slaves während ihrer Zeit als Vorband von Kasabian eine B-Seite von eben jenen geschenkt bekommen.

Das soll aber nichts daran ändern, dass „Acts Of Fear And Love“ nahezu durchgehend Spaß macht. Slaves zeigen, was sie können. Das ist zweifellos massentauglicher – was hier absolut positiv gemeint ist – aber eben auch variantenreicher, mehrdimensionaler, ein Machwerk aus der Ambivalenz heraus: „Acts Of Fear And Love“.

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