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Jessie Ware – That! Feels Good!

Spätestens seit “What’s Your Pleasure” aus dem Jahr 2020 ist Jessie Ware als retrofuturistische Pionierin neuer Pop-Musik und Garant für das Anstoßen neue Impulse bekannt, oder eben das Erneuern alter Impulse. Sie schreibt Pop-Hits für andere Jahrzehnte und widerlegt auch mit ihrem neuen Album “That! Feels Good!” vehement die These, dass darin etwas Konservatives läge.

“That! Feels Good!” ist zum großen Teil – wie auch der Vorgänger – von 90s-Disco-Elementen geprägt, lässt Saxophon und gedeckt euphorischen Gesang mit zeitgemäßen Beats zu einem zeitlosen Sound verwaschen.

Der Titeltrack “That! Feels Good!” legt mit der Zeile “Pleasure is a right” das Fundament für das restliche Album, in dem sinnliche Selbstbestärkung, Liebe und körperliche Nähe im Mittelpunkt stehen.

Dabei sind insbesondere “These Lips” und “Hello Love” als Ankerpunkte hervorzuheben, die in Text und Sound stellvertretend für körperliche Zärtlichkeit und romantische Gefühle stehen. Beide spielen mit der Inszenierung eines perfekten Zufalls und nähern sich dem Thema aus unterschiedlichen Richtungen.

Ansonsten ist “That! Feels Good!” größtenteils als tanzbarer Power-Pop zu bezeichnen. “Free Yourself” kommt mit hymnischem Refrain und akustischen Spotlights daher, die sonst vielleicht noch bei Charli XCX auftauchen.

Der große Unterschied ist, dass Jessie Ware nicht den Eindruck erweckt, übermäßigen Kitsch oder lebensbejahende Geradlinigkeit als postmodernes Stilmittel eines kantigen Gesamtauftritts zu benutzen. Sie füllt die Rolle der singenden Diva mit einer selbstbewussten Authentizität aus, die im wechselhaften Soundbild gegenwärtigen Power-Pops von Künstlerinnen wie Caroline Polachek immer nur wie eine Pose wirken kann, die sich im nächsten Moment selbst dekonstruiert.

“That! Feels Good!” erinnert in Konzept und Gesamtauftritt dann viel eher an Kali Uchis‘ “Red Moon In Venus“, das früher im Jahr schon als Konzeptalbum über die Liebe und Sinnlichkeit überzeugen konnte und eine ähnliche Erneuerung des Pop-Sounds durch authentische Reproduktion früherer Strömungen anzustreben schien.

Die größten Nutznießer von Jessie Wares aktueller Veröffentlichung dürften aber all die Radiosender sein, die sich 80er, 90er und das Beste von heute auf die Fahne schreiben. Oder sie sind so verwirrt von “That! Feels Good!”, dass das Konzept derartiger Radiosender endgültig in sich zusammenfällt. Wir werden sehen.

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