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Das hat nichts mit Politik zu tun – Roosevelt im Interview

Marius Lauber hat in seiner bisherigen musikalischen Laufbahn schon auf mehreren Hochzeiten getanzt. Als Drummer der Viersener Indierock-Combo Beat! Beat! Beat! feiert er sein Rampenlicht-Debüt im Jahr 2010. Drei Jahre später sorgt Marius, mittlerweile im Solo-Modus unter dem Banner Roosevelt unterwegs, innerhalb der Chillwave-meets-Italo-Disco-Szene für großes Aufsehen.

Mit seinem selbstbetitelten Debütalbum klopft Roosevelt dann im Sommer 2016 an die Pforten des nationalen Elektro-Pop-Olymps. Zwei Jahre später ist er aus dem erlauchten Kreis der hiesigen Branchen-Größen nicht mehr weg zu denken. Mit seinem neuen Album “Young Romance” legt Roosevelt seine Meisterprüfung ab. Kurz vor der Veröffentlichung seines zweiten Longplayers trafen wir uns mit Marius Lauber zum Interview und plauderten über akzentuierte Sound-Erweiterungen, alte Band-Erinnerungen und gesunden Menschenverstand.

MusikBlog: Marius, im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern, die sich mit ihrem zweiten Album von einer anderen musikalischen Seite zeigen, dockst du mit “Young Romace” in puncto Sound und Atmosphäre genau da an, wo du vor zwei Jahren mit deinem selbstbetitelten Erstwerk aufgehört hast. Warum?

Marius: Ich finde es immer ein bisschen schade, wenn ich eine Band lieben lerne, die sich dann ab dem zweiten Album mit einem komplett anderen Klangbild präsentiert. Das wollte ich mit Roosevelt unbedingt vermeiden. Mir war es wichtig, das Fundament weitestgehend unberührt zu lassen. Ich habe für mein erstes Album viel positive Resonanz erhalten. Die Leute sind nicht wegen irgendwelcher Hits zu den Konzerten gekommen, sondern wegen des Gesamtsounds. Und an diesem Gesamtbild – hier und dort natürlich etwas verfeinert und erweitert – wollte ich unbedingt weiterarbeiten.

MusikBlog: Stichwort Erweiterung: Alles klingt ein bisschen poppiger – zumindest in meinen Ohren.

Marius: Ja, das stimmt. Aber das ist, wie gesagt, nur eine kleine Erweiterung. Ich habe diesmal auch mit mehr Gitarren gearbeitet und auch Songs dabei, die sehr reduziert klingen. Ich denke, dass es mir ganz gut gelungen ist, eine Balance zwischen Altem und Neuem zu finden.

MusikBlog: Horchst du bei diesem Prozess eigentlich nur in dich selbst hinein? Oder lässt du dich während des Songwritings auch von äußeren Sound-Einflüssen inspirieren?

Marius: Sobald ich im Studio bin, höre ich eigentlich nur noch die Musik, für die ich selbst verantwortlich bin. Es ist einfach so, dass ich grundsätzlich sehr offen bin, wenn es um neue Sounds geht. Dadurch lasse ich mich aber auch immer schnell manipulieren. Das will ich im Studio natürlich vermeiden. Sobald die Arbeit an neuen Songs beginnt, beschäftige ich mich nur noch mit meinen Ideen und Gedanken. Davor und danach höre ich aber überall gerne zu. Wenn ich auf Tour bin, schaue ich mir auf Festivals immer viele Bands und Künstler an. Das finde ich immer sehr spannend.

MusikBlog: Inhaltlich beschäftigst du dich auf dem neuen Album mit Erfahrungen und Erlebnissen aus deiner Jugendzeit. Gab es einen Schlüsselmoment, in dem dir klar wurde, dass es diesmal um diese Phase in deinem Leben gehen wird?

Marius: Nein, gar nicht. Das fiel mir eigentlich erst auf, als der Großteil der Texte fertig war. Da steckte keinerlei Konzept-Gedanke dahinter.

MusikBlog: Gemischt hast du das Album dann zusammen mit Chris Coady in den weltberühmten Sunset Studios in Los Angeles. Krasse Erfahrung?

Marius: Definitiv. Musikalisch hat diese Zeit vielleicht nicht ganz so große Spuren auf dem Album hinterlassen. Es ging ja da nur noch ums Mixen und um das Einsingen der letzten Gesangspuren. Aber für mich persönlich war das schon ein tolles Erlebnis, ganz klar. In dem Studio haben die Beach Boys, Prince und die Doors Platten aufgenommen. Da herrscht schon eine besondere Atmosphäre.

MusikBlog: Siehst du dich selbst eigentlich mehr als Performer oder als Produzent?

Marius: Ich denke, dass ich als Performer immer selbstbewusster werde. Das macht mir auch großen Spaß. Aber tief in meinem Herzen sehe ich mich immer noch mehr als Produzent. Das ist schon der Bereich, in dem ich als Künstler am meisten aufgehe.

MusikBlog: Als du mit der Musik angefangen hast, war an Reglerarbeiten noch nicht zu denken. Du warst damals Drummer bei Beat! Beat! Beat!. Gibt’s die Band eigentlich noch?

Marius: Wir haben uns nie wirklich offiziell getrennt. Demnach würde ich sagen: Ja, die Band gibt es noch. Wir haben aber schon ewig nichts mehr zusammen gemacht. Das fing damals damit an, dass alle Bandmitglieder in verschiedene Städte gezogen sind. Naja, und seitdem liegt die Band auf Eis.

MusikBlog: Könntest du dir denn eine Wiedervereinigung vorstellen?

Marius: Ich kann mir Vieles vorstellen. (lacht) Im Moment sind derartige Gedanken aber natürlich sehr weit weg. Wir haben zwar alle noch regen Kontakt. Aber ob und wann sich da noch mal was tut, kann ich dir heute nicht sagen.

MusikBlog: Marius, ich würde mit dir abschließend noch ganz gerne über die Geschehnisse in Chemnitz sprechen. Nach dem großen Wir-sind-mehr-Festival hörte man ja unheimlich viele fordernde Stimmen. Dabei ging es um den Rock- und Pop-Mainstream hierzulande, der sich nach Ansicht vieler Menschen nur ungenügend gegen rechte Gewalt und Diskriminierung positioniert. Würdest du dir diesbezüglich ebenfalls mehr Engagement wünschen?

Marius: Ich kann viele Bands und Künstler verstehen, die sich dagegen wehren, eine politische Message in ihre Musik mit einfließen zu lassen. Für mich kommt das auch nicht in Frage. Es ist aber natürlich so, dass man als Künstler nicht nur mit der Musik präsent ist. Man kann sich auch abseits der Musik für etwas stark machen. Ich selbst überlege auch gerade, in welche Projekte ich mich einbinden lassen könnte, die klar Stellung beziehen.

Das Ganze hat für mich auch weniger mit Politik, als vielmehr mit gesundem Menschenverstand zu tun. Für mich sind es keine politischen Statements, wenn man sagt, dass man ertrinkende Menschen aus dem Ozean retten muss, oder keine Migranten durch die Stadt jagen darf. Das hat nichts mit Politik zu tun.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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