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Alpines – Full Bloom

Unablässig auf dem paradigmatischen Pop-Pedal klebend, haben Alpines ihren Drittling „Full Bloom“ in eine Sackgasse ewig gleichbleibender Songstruktur gelockt: Als uninspirierte Nicht-Arpeggien schlurfen Weit-Weit-So-weit-flächige Synths zwischen Jamie-xx-Breakbeats und Pflaumen-verdaulicher Existenztristesse.

Dort sind sie ausreichend gesättigt, um sich in repetitiven Schlagwort-Chorussen (heilbringende Universal-Versprechen wie „It’s alright, it’s alright, it’s alright“ dürfen, sollen und müssen sich im Hirnlappen festsaugen) zu suhlen, die zu jedem Moment lyrische wie plagiatbesoffene Innovationsarmut auf den Plan rufen.

Sicher liegt es in der Natur des um Distinktion bemühten und sing-sänglichen Musikjournalismus, eine Band mit ausreichend Referenzen auszupolstern. Der schmale Querschnitt, die der Grütze auf „Full Bloom“ dann tatsächlich etwas abgewinnen kann, liebt mittlerweile Bands wie The xx mit derselben nostalgischen Rührung, wie das in früheren Generationen bei Joy Division der Fall war.

Wenn man, wie die Alpines, grundsätzlich keinen Hehl daraus macht, Dream-Pop-, Goth-Wave- und Trip Hop-Heiligtümer (Massive Attack oder Portishead?) in Sandkastenförmchen vermeintlicher Eigenleistung zu quetschen, dann ist das mitunter nichts wert. Wollte man „Full Bloom“ doch etwas zusagen, klänge das – es folgt ein Alternativvorschlag zur Pressemitteilung – in etwa so:

Das kongenial aufeinander abgestimmte Synth-Pop-Duo aus UK bewegt sich zwischen Welten, die gegensätzlicher kaum sein könnten – Pocksons honiggetränkter Soul-Sopran liefert das Organische und Naturbelassene, während Matthews an den Keyboards ein synthetisches Klangparadies aus Rave-Essenzen, Drum-’n’-Bass-Stakkatos und gepitchten Drone-Sequenzen errichtet. So klingt Musik, wenn sie gedeiht, zusammenfällt und wieder aufersteht.

Mit wohlwollender Lesart könnte man auch von nocturnem Nu-Goth oder souligem Schatten-Pop sprechen. Die Wahrheit ist eine andere: Die volle Blüte, die der Titel klammheimlich suggerieren möchte, ist nicht mehr als ein modriges Fundament aus bemitleidenswerten Nachahmungsversuchen offensichtlicher Vorbilder.

Ob den Alpines endlich der Durchbruch gelingen wird? Nope, nie und nimmer als unemanzipierte Light-Version ihrer Idole. Das ist Musik wie Konfetti: Sie taucht immer wieder auf. Und selbst wenn man sich einreden möchte, dass das voll okay sei, steht einem die Kotze dann doch irgendwann zum Hals.

Zu fehlendem Selbstanspruch, misslungener Bricolage und einschläfernder Monotonie schleichen sich kapitale Schnitzer ins Track-Portfolio. Reminder: Nur wer ein Slide-Solo in einen Song sampelt – dazu noch mit unverkennbarer Antriebslosigkeit – braucht ihn wirklich nicht „Heavy Metal“ zu taufen.

In „Be Yours“ heißt es dann verhältnismäßig bedeutungsschwanger, dass Liebe kein Motiv habe. Puh. Die Motive, denen man hier durchweg begegnet, sollen tiefste Regungen, idealerweise in Kopplung mit schmerzresistenten Durchhalteparolen, verbinden – eigentlich sind sie längst vergilbter als sämtliche Eckkneipen vor dem Nichtrauchergesetz.

Und dennoch, wenigstens das kann man den Alpines nicht kategorisch absprechen, evozieren sie zu jeder Sekunde das irritierende Gefühl, sie wüssten eigentlich, wie’s geht. Braucht überhaupt noch wer Talent und Potential, wenn man genauso gut Schemata bulimieren kann?

Letztlich, und auch das ist unbestreitbar, gibt es Bands, die ein Album wie „Full Bloom“ an einem Tag schreiben, produzieren und aufnehmen. Die Kunst ist, solch einen Spaß nicht auffliegen zu lassen.

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