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Laibach – The Sound Of Music

Das Musical „The Sound Of Music“ ist in einer Zeit zu Hause, als Heimatfilm und Broadway-Kulisse im erblühenden Nachkriegs-Westen als Propagandamaschine bestens funktionierten.

Während der Westen zunehmend in Bedeutungslosigkeit versinkt, gibt es sie noch, jene Regionen der Welt, in der der Mensch nicht ständig von mehr als einer Meinung in seinem Wirken zum Wohl der Nation gehindert wird.

Nordkorea zu Beispiel, wo das Individuum nichts, die Gemeinschaft alles zählt und der Einzelne nicht nach Fähigkeiten, sondern nach Notwendigkeit eingesetzt wird, eher Sohlen an Puma-Sneaker klebt, als sein Faible für Teilchenforschung auslebt.

Dennoch versucht die dekadent-kapitalistische Unterhaltungsindustrie latent, die dort Verantwortlichen madig zu machen, doch diese wissen sich zu wehren, etwa in Form einer Kulturoffensive.

Infolge einer solchen durften die slowenischen Kosmopoliten Laibach 2015 in Pjöngjang vor handverlesenem Publikum (hier galt der Notwendigkeits-Grundsatz wahrscheinlich nicht), Teile der von ihnen vertonten und dort hochverehrten Saga um die Familie Trapp aufführen, was, siehe „Welcome Speech“, nicht auf uneingeschränkte Zustimmung stieß.

Martialität und Pathos beeindruckten, die offizielle Nachrichtenagentur befand: „Die Mitwirkenden demonstrierten die künstlerischen Fähigkeiten der Band durch eigenartigen Gesang, kräftige Stimmen und geschickte Darbietung.“

Was Milan Fras und sein Kollektiv dort veranstalteten, gibt’s nun gebündelt auf einem Album, wobei die Story ringsum interessanter ist als das in dieser Form zusammengefasste Werk, welches seine entlarvende Tiefe ohnehin erst in Verbindung mit der band-typischen Live-Visualisierung entfaltet.

Die knappe Dreiviertelstunde hält sich nahe an die Vorlage, wenig fließt von dem, womit Laibach in ihrer langen Geschichte vorstellig waren, ein. Wohl wird hingegen die koreanischen Kultur in „The Sound Of Gayageum“ und das einheimische Volkslied „Arirang“ eingebunden.

Unterlegt von Synthies und Sequenzern nimmt das harmonisch-flott besungene Schicksal der Immigranten in spe seinen Lauf. Von Mina Špiler hört man wenig, umso mehr von den Gästen, der schwedischen Songwriterin Marina Martensson und Landsmann Boris Benko, Teil der Elektro-Combo Silence.

Beide zwitschern über poppige Arrangements, unter die sich bald der hämmernde Fortschritt aus den Werkhallen der Volksgemeinschaft, bald Fras’ Brummbariton – der von „Apple Strudels“, „Schnitzel“ und „Noodels“ schwärmt –  mischt und „The Sound Of Music“ samt Kinderchor, Kuckucksuhr und Jodel-Schule als weitere Klangadaption in den Laibachschen Werkkatalog einträgt.

Der große Wiener Falco sang in seinem, mit diesem Album gleichnamigen, Song: „Herr President, wir kennen eine Sprache. Diese Sprache heißt Musik“. In diesem Sinn sollte der auf dem oberen Teil der koreanischen Halbinsel ansässige Staatslenker mit seinem neuen Kumpel, einem amerikanischen Friedensaktivisten, ein Laibach Konzert besuchen, um ihre Männerfreundschaft zu besiegeln.

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