Wenn mann mit einem guten Jahrzehnt Abstand auf „In This Light And On This Weekend“ von den Editors oder Interpols selbstbetiteltes Viertwerk zurückblickt, versteht man The Twilight Sad (obwohl sie bereits seit 2003 bestehen) unausweichlich als Fanboys. 

Die Schotten, deren musikalisches Repertoire in der Vergangenheit für Stilvielfalt, Progressivität, Melancholie-Direktive und Innovativität gelobhudelt wurde, haben mit „It Won/T Be Like This All The Time“ ein auf den ersten Blick beachtliches Stück Post-Rock produziert, das aus dreierlei Gründen jedoch nicht ganz zünden will:

Erstens war der Hype aus den angesprochenen Referenz-Anekdoten genauso kurzatmig wie Raucherlungen, zweitens überstrapazieren James Graham und Andy MacFarlane das Rezept aus Gitarrenrock-schroffer Brachialität und melodiöser Synth-Emphase zu sehr, wodurch sie dann drittens der Erwartungshaltung ihrer jüngeren Vergangenheit zum Opfer fallen.

Hierzu ein kleiner Exkurs: 2016 nahm das Admiralsschiff der New Wave-Ära himself, Robert Smith, The Twilight Sad mit auf Welttournee. Dafür, dass man vorher zwar bereits critically acclaimed war, nun jedoch z.B. an drei aufeinander folgenden Tagen den Madison Square Garden eröffnete, dürften sich die bescheidenen Jungs aus dem noch bescheideneren Textilhandel-Mekka Kilsyth nicht bloß wegen der grellen Leuchtreklame am Times Square die Augen gerieben haben.

So wurde aus einem Geheimtipp, der schon vier Alben veröffentlicht hatte, eine Band, die die Watchlists okkupierte. Nur gab es ein Problem: The Twilight Sad brachten bis jetzt kein weiteres Album heraus.

Die Eindrücke habe man ausgiebig verarbeiten wollen, heißt es in einem Statement des kopfgebenden Duos Graham und Macfarlane, die sich für „It Won/T Be Like This All The Time“ gastmusikalischen Zuwachs von Brendan Smith (The Blue Nile) und Johnny Docherty (RUNGS) sicherten. 

Dass es jedoch durchaus hätte von Vorteil sein können, die Lorbeeren, die man im Schatten des The Cure-Frontmanns erntete, sogleich zu versilbern, zeigten zuletzt etwa Bands wie die Pale Waves, die sich 2017 an den Nabel von The 1975 hängten und mittlerweile selbst als heißester Scheiß des hochsensiblen und seitdem wieder als radiotauglich wahrgenommenen Brit-Dark-Pop gelten.

Chance vertan. Was bleibt? Stimmt, die eigenen Fähigkeiten! Und wenn man auf Anraten Robert Smiths („If the world was a better place they would be playing to more people, and I think they can.“) wenigstens mal reinhört, dann bleibt man The Twilight Sad möglicherweise wegen ihres Nostalgiebegehrens dabei.

Denn schon im Opener „[10 Good Reasons For Modern Drugs]“ verweben sich manisch-nervöse Arcade-Synths aus den Eighties, dem zeitweilig an Morrissey erinnernden Bariton von Sänger Graham und ansatzweise shoegazigen Soundwänden großer Vorbilder wie Slowdive zu einer verdammt fragilen Nummer zwischen Post-Rock und Indietronica.

Das einzige, aber letztlich entscheidende Problem an „It Won/T Be Like This All The Time“ ist, dass es, anders als der Titel verspricht, die ganze Zeit genau so bleibt:

Resonante Bässe, verzerrte Störgeräusche und ätherische Key-Flächen, aber immer auch um Harmonie bedachte Metren und kosmische Anschläge in wahlweise bluesiger, nocturner oder hypnotischer Couleur. Sinnstiftung durch Gegensätzlichkeit.

Am Ende muss die Frage erlaubt sein, inwieweit diese vergangenheitsbeflissenen Sujets noch relevant sein sollen, wenn sie derart uninspiriert aufgebügelt werden? Ihnen wird kein Überleben beschieden sein, denn ihre Hörer*innen haben längst den Vinyl-Fundus der großen Geschwister entdeckt.

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