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Kevin Morby – Oh My God

Father John Misty muss im Songwriter-Sammelbecken einen Nerv getroffen haben, als er 2017 mit „Pure Comedy“ Gospel-Elemente, Melancholie und tiefgreifende, gesellschaftliche Themen kombinierte.

Denn statt sommerlichen und möglicherweise talk-talk-inspirierten Klanggefilden aus Synthie, Trommeln und Gitarrenkorpus-Klopfereien greift auch Kevin Morby auf seinem neuen Album „Oh My God“ zu wehmütigeren Sounds.

Inhaltlich inspiriert hat ihn dabei niemand Geringeres als er selbst: In seiner 2016er-Single „Beautiful Strangers“ wiederholt er die Phrasen „Oh My God“ und „Oh My Lord“ mehrfach – die Geburtsstunde für ein Albumkonzept um die gleichzeitig viel- und nichtssagenden Ausrufe.

Dieses Konzept lässt sich zwar auf der Tracklist erahnen, aber Kevin Morby macht sich auf „Oh My God“ nicht nur religiöses Vokabular zu eigen, die 14 Songs seines fünften Soloalbums drehen sich auch tatsächlich um Themen wie Gott und den Himmel oder das Engel-Sein.

Musikalisch äußert er das zunächst mit klaren, verspielten Klaviertönen, wie im Opener und gleichzeitigem Titelsong „Oh My God“. In „No Halo“ trumpft der Songwriter dagegen mit Saxophon, Klavier und Schlagzeug ein kleines Instrument-Potpurri auf und macht sich Hall, eine schleppende Melodie und weitere Chorstimmen zunutze.

Kevin Morby stellt ein weiteres Mal seine Virtuosität und Songwriter-Raffinesse unter Beweis. Die eingesetzte Chorbegleitung ist nicht unangemessen pompös oder kitschig, sondern einfach berieselnd schön.

Nicht einmal vor Orgel-Einsatz („Hail Mary“) scheut er oder davor, seine Zuhörer rund anderthalb Minuten lang nur mit Regen- und Sturmgeräuschen zu beschallen („Storm Beneath The Wheather“).

Morby besingt die Glaubensfragen mit einem gewissen Abstand, ein wenig Zynismus aber niemals respektlos, sondern eher romantisiert. Sogar Understatement glänzt „Oh My God“:

In „Congratulations“ schafft Morby es, trotz oder gerade wegen gemütlich-schunkelnder Melodie und anfänglichem Kind-Gebrabbel, mitzureißen. Als Schlusslicht ehrt er musikalisch möglicherweise wirklich die jüngeren Werke von Father John Misty und erschafft mit „O Behold“ eine soulige Klavierballade mit sanften Orgel-Highlights.

Ein geistlicherer Abschluss wäre wohl kaum möglich.

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