The National haben inzwischen ein echtes Luxusproblem. Die rotweinlastigste Indie-Band des Planeten hat acht Alben in ihrer Karriere veröffentlicht, darunter keinen einzigen Ausfall.

Sicher, auf „The National“ oder „Sad Songs For Dirty Lovers“ befand sich die Band noch auf der Suche, Perlen finden sich trotzdem. Wie gerne würde man daraus mal wieder eines seiner Lieblingstücke hören.

Doch die Songs haben es live seit Jahren schwer und auf der jetzigen Tour überhaupt keine Chance mehr. Zu groß ist der Fundus aus den letzten vier Alben, die selbst die insgeheimen Fan-Lieblinge „The Boxer“ und „Alligator“ zu Randnotizen degradieren.

Dass ihr aktuelles Album „I Am Easy To Find“ im Mittelpunkt des Abends stehen würde, war folglich anzunehmen. Dass insgesamt 12 Songs daraus das Konzert zwischendurch auch mal durchhängen lassen, weil es genau dann öfter ähnlich gleichförmig gerät wie die Frisuren der Dessner-Brüder, ist der Wermutstropfen in einer über zweistündigen Schwelgerei.

Zwischen „Bloodbuzz Ohio“ und „Fake Empire“ liegen schließlich mehr als 60 Minuten, in der Bryce Dessners Eherfrau Mina Tindle auch mal den ein oder anderen Ton daneben setzt. Sie ist eine von sechs Gastsängerinnen auf der aktuellen Platte und neben David Bowies Bassistin Gail Ann Dorsey eine von zweien, die auch live dabei sind.

Dorsey macht dabei ihren Job um einiges professioneller. Die Verfügbarkeit der beiden ist einer der Hauptgründe, warum die neue Platte so exponiert behandelt wird. Gelegenheit macht eben Diebe.

Nur: Gekommen sind die Paare zwischen Anfang zwanzig und Ende fünfzig, und die bei Songs wie „Green Gloves“ etwas in der Cuddle-Crowd verlorenen Singles wegen des Baritons von Matt Berninger.

Er säuselt, ächzt gestenreich, rauft sich die Haare, umklammert den Mikrofonständer und grummelt sich in schönster Vorlesestimme, mit sparsamen Melodiebögen durch die Tiefen seiner Lyrics. „Hey, this is my show“ ruft er einmal ironisch in Richtung Aaron Dessner.

Die Band ist großartig, wird aber insgeheim wissen, dass in dieser Aussage eine Menge Wahrheit steckt. Denn, wo die Zugaben die Kohlen aus dem Feuer holen, heben sie Berninger auch von der Bühne auf die Empore.

Nach „Not In Kansas“ – einem der besten Songs der neuen Platte – folgt mit „Mr. November“ das „Alligator“-Highlight, das traditionell den Zugaben vorbehalten ist. Berninger darf hier brüllen wie nirgendwo sonst im Set.

Das Rustikale des Songs ist Vorbote der kommenden Ausschweifung. Bei „Terrible Love“ marschiert Berninger durch die beinahe ausverkaufte Frankfurter Jahrhunderthalle, klettert auf die Tribüne, rekelt sich über die Stufen und macht Selfies mit den Gästen, die sich trauen.

Wenn er dann das finale „Vanderlyle Crybaby Geeks“ ganz dem Publikum überlässt und lediglich die Einsätze dirigiert, dann sind das die Inszenierungen ihrer größten Songs, an denen die Band seit Jahren nicht rüttelt.

Doch warum auch? Nach dem Ende läuft The Cures „Pictures Of You“ vom “Band”. Und nicht nur darauf einen Rotwein.

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