Wohl jeder erinnert sich an die unzähligen abgesagten Konzerte der Libertines, die sich offiziell 2014 wiedervereinigt haben. Hauptsächlicher Grund in den meisten Fällen der durch Betäubungsmittel aller Art herbeigeführte Zustand des Sängers Pete Doherty. Auf dem Weg zum Reeperbahn Festival 2016 hat er es geschafft, alle drei für ihn gebuchte Flüge zu verpassen, so dass er seinen Auftritt letztlich absagen musste.
Nicht so jedoch auf ihrer bisherigen Tournee, so dass eine zunächst bange Erwartung im Publikum der Vorfreude weicht. Nach einem umfangreichen Vorprogramm mit drei (!) Bands (als Opening Act Purest, als „Middle Support“ THE DSM IV und als Haupt-Support Gabi Garbutt & The Illuminations) kommen dann gegen 21:30 Uhr The Libertines auf die Bühne.
Pete Doherty trägt einen langen Mantel, der aussieht wie vor drei Jahren auf dem Flohmarkt gekauft und seitdem ohne (Wasch-)pause getragen. Dazu zerrissene Jeans und weiße Turnschuhe. Damit bildet er einen krassen Gegensatz zu Gitarrist Carl Barât, der geschniegelt im Anzug mit Weste und weißem Hemd erscheint.
Das Publikum erweist sich von Beginn an als sehr text- und bierwurfsicher. Pete Doherty reißt die Zuschauer mit und versucht sich ab und zu auf Deutsch mit „Ich liebe“ und „München“ oder „Eins, zwei, drei“. Auch wenn er und seine Band nicht alle Töne treffen, versprüht seine lässige Schnoddrigkeit den typischen Libertines-Charme in die TonHalle.
Nach einer reichlichen Stunde mit alten Hits und Songs vom nach wie vor aktuellen Reunion-Album „Anthems For Doomed Youth“ von 2015 ist der Hauptteil zu Ende. Die Libertines verschwinden von der Bühne und lassen sich fast 20 Minuten Zeit, bevor sie den zahlreichen Sprechchören nach einer Zugabe folgen.
Diese fällt dann mit sieben Songs ziemlich lang aus und Dohertys Gesang wird zunehmend nur noch ein Lallen zu der improvisierten Begleitmusik seiner Kollegen. Er lässt es sich jedoch nicht nehmen, per Stagedive ins Publikum zu springen und sich dort von Fans umringen und küssen zu lassen, während Carl auf der Bühne für ihn den Gesang übernimmt.
Während dieser Einlage geht jedoch sein Hut verloren und trotz der Bitten von Carl Barât („Give him back his hat“, „He’s just a poor boy“) taucht er nicht wieder auf und hängt nun wahrscheinlich im Wohnzimmer eines weiblichen oder männlichen Fans.
Nach etwas mehr als eineinhalb Stunden, die sich mittlerweile anfühlen wie drei, beendet Peter dann nach „Don’t Look Back Into the Sun“ das Konzert, nicht jedoch ohne vorher seine Zimmernummer im Hotel Bayerischer Hof durchzugeben – für alle, die mit ihm dort noch weiter feiern wollen.