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Wir haben jetzt ein anderes Umfeld – The Big Moon im Interview

Mit ihrem Debütalbum “Love In The 4th Dimension” sorgten The Big Moon im Frühling 2017 für viel Aufsehen in der internationalen Indie-Rock-Szene. Knapp drei Jahre später melden sich die aus London stammenden Juliette Jackson, Soph Nathann, Celia Archer und Fern Ford mit ihrem Nachfolgewerk “Walking Like We Do” zurück. Nach kantigem Start setzen die vier Damen ihren musikalischen Weg nun in gemäßigteren Bahnen fort. Im Zuge der Veröffentlichung des neuen Studioalbums trafen wir uns ein Tag nach den britischen Neuwahlen mit Sängerin Juliette Jackson zum Interview und sprachen über das Brexit-Chaos, Soundveränderungen und die Kraft der Musik.

MusikBlog: Juliette, gestern errang Johnsons Konservative Partei die absolute Mehrheit der Sitze im Unterhaus. Damit ist der Brexit wohl nicht mehr aufzuhalten. Wie geht’s dir heute?

Juliette Jackson: Mir fehlen irgendwie die Worte für all das. Ich meine, ich habe mich gestern mit so vielen Leuten unterhalten. Alle waren gleichermaßen entsetzt. Und dennoch ist es passiert. Das Ganze ist noch nicht so richtig real für mich. Keine Ahnung, ich kann nicht mal über irgendwelche Witze lachen. Das ist schon ziemlich traurig alles. Ich wäre dir auch dankbar, wenn wir es dabei belassen könnten. Lass uns lieber über Musik reden.

MusikBlog: Kein Problem, sehr gerne. Anfang Januar erscheint euer zweites Album “Walking Like We Do”. Erzähl uns doch mal: Wie läuft es sich denn mittlerweile in euren Schuhen?

Juliette Jackson: (lacht) Der Albumtitel ist eine Zeile aus dem Song “A Hundred Ways To Land”. Es geht einfach darum, dass man in all diesem Chaos, das heutzutage herrscht, seinen Weg nicht aus den Augen verliert. Der Titel passt auch perfekt zur aktuellen Situation, von der wir eingangs sprachen. Man darf den Glauben und die Hoffnung nicht verlieren. Und man sollte sich und seinen Ansichten treu bleiben, egal wie schwer es einem gemacht wird.

MusikBlog: Diese kämpferische und hoffnungsvolle Attitüde wird von einem Sound begleitet, der im Vergleich zu eurem ersten Album wesentlich ruhiger und poppiger daherkommt. War das so geplant?

Juliette Jackson: Natürlich hätten wir einfach so weitermachen können. Das erste Album war ein Erfolg. Und versteh mich nicht falsch, ich bin auch heute noch total zufrieden und glücklich mit dem Album. Aber wer wiederholt sich schon gerne? Wir hatten jetzt einfach andere Möglichkeiten. Und die haben wir genutzt.

MusikBlog: Was für andere Möglichkeiten?

Juliette Jackson: In erster Linie hatten wir diesmal mehr Zeit. Dann ist es einfach so, dass wir jetzt ein ganz anderes Umfeld haben. Wir sind als Musiker gewachsen. Und wir haben uns natürlich auch menschlich weiterentwickelt. Wir haben jetzt Fans da draußen. Wir sind jetzt eine richtige Band, die weiß, was sie will, und die einen großen Hunger nach Veränderung verspürt. Nicht, weil es vorher nicht cool war, sondern, weil wir einfach in Bewegung bleiben wollen.

MusikBlog: Ist euch das Umschalten leicht gefallen?

Juliette Jackson: Ich muss gestehen: Als ich mit dem Songwriting anfing, verfiel ich erst einmal in alte Muster. Nach ein paar Wochen änderte sich aber etwas in mir. Ich begann, den Prozess zu hinterfragen. Ich wurde offener und mutiger. Ich sagte zu meinen Mädels: Hey, warum versuchen wir nicht einfach mal etwas anderes? Das Ding ist ja: Egal, welche Instrumente wir nutzen und welche Arrangements wir verwenden – wir sind immer noch The Big Moon. Von da an haben wir experimentiert und verschiedenste Sachen ausprobiert. Statt mit der Gitarre zu arbeiten, haben wir das Klavier mit einbezogen. So entstanden ganz neue Atmosphären und Stimmungen. Und am Ende sind dann all diese neuen Songs entstanden, die all das was uns als Band im Hier und Jetzt ausmacht, genau auf den Punkt bringen.

MusikBlog: Klingt nach einer perfekten Zeit.

Juliette Jackson: Von Perfektion sind wir noch weit entfernt. Da wollen wir auch gar nicht hin. Wir wollen uns einfach nur weiterentwickeln und uns nicht festlegen. So bleibt das große Ganze immer spannend.

MusikBlog: Helfen euch dabei auch bestimmte Einflüsse von außen?

Juliette Jackson: Ich bewege mich da immer in verschiedenen Phasen. Ich höre eine Woche ganz bewusst viel Musik. Dann klinke ich mich völlig aus und konzentriere mich die Woche drauf nur auf mich und mein Bauchgefühl. So versuche ich, eine gewisse Balance zu finden. Es gibt nichts Schlimmeres, als während der Demoaufnahmen mit perfekt produzierten Radiosongs konfrontiert zu werden. Das kann ganz schön frustrierend sein. (lacht)

MusikBlog: Bist du jemand, der gerne Radio hört?

Juliette Jackson: Absolut. Ich stehe total auf Radiomusik. Ich habe in den vergangenen Monaten unheimlich viel Popmusik konsumiert. Da gibt es immer wieder tolle neue Sachen zu entdecken, die mich inspirieren.

MusikBlog: Was sollen die Fans auf dem neuen Album entdecken? Welche Message wollt ihr verbreiten?

Juliette Jackson: Neben der Botschaft, dass man die Hoffnung nicht aufgeben darf, und sich und seinen Gefühlen treu bleiben soll, geht es uns vor allem darum, eine emotionale Hilfestellung zu geben. Ich weiß, wie schwer es ist, die eigenen Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen. Das gelingt mir nur ganz selten. Und ich denke, dass es vielen anderen Menschen genauso geht. Die Musik kann da als Brücke fungieren. Hier gibt es keine Verständigungsprobleme. Ein Song kann alle Emotionen einfangen, egal, in welcher Ecke dieser Welt. Wenn unsere Songs bei einigen Menschen etwas Licht ins Dunkel bringen, dann wäre das überragend.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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