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Katy J Pearson – Return

Dass Retro eine Zukunft hat, ist eine Gewissheit von gestern. Der Geist ist ungebrochen und in Look und Sound ist Antiquiertes so en vogue wie vor 20 Jahren. Sei es bei Möbeln, Film und Fernsehen oder der Gestaltung von Plattencovern.

Katy J Pearson sieht auf ihrem Debütalbum aus wie Romy Schneider in ihrer Rolle als Kaiserin von Österreich. Das Portrait im Profil geschossen, sie in traditioneller, altbackener Garderobe mit Schleife im Haar, oval gerahmt.

Zugegeben: Eine schiefe Assoziation, denn Pearsons Sound (und für gewöhnlich auch ihr Äußeres) ist dem Geist der Hippies entlehnt und spiegelt mit jeder Faser das Freiheitsstreben dieser Kultur, die einem monarchischen Korsett diametral gegenübersteht.

Die Betonung liegt aber offensichtlich nicht auf einer hierarchischen Herrschaftsform, sondern vielmehr auf der Tradition. Denn Katy J Pearson singt auch wie eine Gestrige. Joan Baez und Joni Mitchell sind die Ziehmütter, das Hippiesque die Klamotte.

„I’m waiting for something real”, heißt es in “Something Real” – und noch echter geht es auch kaum. Es klemmt sich nur das „schön finden“ auch öfter beim Prädikat „süß“ fest.

In den besten Momenten, etwa in „Fix Me Up“ kann Pearson ihren Folk aber auch so herrlich unverblümt nach vorne tragen, dass sie fast an die großartige und großartig unterschätzte Haley Bonar erinnert.

Bis hierhin lehrt die Platte vor allem den Unterschied zwischen Retro und Retrofuturismus. Auf „Return“ ist der Name Programm und Futurismus obsolet, die mechanischen Drums und Synthesizer in „Miracle“ geschenkt, ein Cembalo hätte genauso geklungen.

Die Grübelei darüber, wie gut oder schlecht das wäre, endet erst bei „Take Back The Radio“, wo Pearson doch noch ihre Komfortzone verlässt und gerade so viel Disko zulässt, wie ihr Folk vertragen kann. ABBA grüßen hier hinter Glitzeroutfits, weshalb am Ende die Entscheidung für den rein akustischen Retro doch eine einfache ist.

Katy J Pearson gibt mit „Waiting For The Day“ auf der A-Klampfe eine Folknummer zum Abschluss, die – mit dem Rauschen der 60er Jahre versehen – beim Woodstock Festival auch neben Janis Joplin einen bleibenden Eindruck hinterlassen hätte.

Und wenn die Platte 2020 trotzdem oder vielleicht gerade deswegen Wohlgefallen findet, kann man die Zukunft auch abschaffen.

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