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Das kann manchmal ganz schön schmerzhaft sein – Noga Erez im Interview

Mit ihrem neuen Album “Kids” meldet sich Noga Erez nach knapp vierjähriger Studiopause eindrucksvoll zurück. Abermals zwischen Pop, Hip-Hop und elektronischen Soundvibes pendelnd, begegnet Israels Pop-Export Nummer eins dem düsteren Alltag mit hoffnungsvollem Elan und ganz viel Energie. Wir trafen uns mit Yoga Erez zum virtuellen Interview und sprachen über den Zauber des Songwritings, musikalische Ecken und Kanten und inspirierende Persönlichkeiten.

MusikBlog: Noga, dein zweites Studioalbum erscheint knapp vier Jahre nach deinem Debüt. Das ist eine ziemlich lange Zeit. Wann genau habt ihr mit der Arbeit am neuen Album begonnen?

Noga Erez: Das war eigentlich ein fließender Prozess. Als wir damals den Mix von “Off The Radar” fertig hatten und damit das komplette Album im Kasten war, sagte ich mir: Beim nächsten Mal will ich es aber besser machen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da noch viel mehr geht. Aus diesem Gefühl heraus haben wir uns dann gleich in die Arbeit gestürzt. Man muss dabei aber bedenken, dass so eine Albumproduktion wie eine Geburt funktioniert. Bis es am Ende vollbracht ist, vergeht viel Zeit. Wir wollten diesmal einen Schritt weitergehen. Das Album sollte noch facettenreicher werden. Da waren unheimlich viele Ideen am Start, die erst einmal reifen mussten.

MusikBlog: Apropos Geburt: Das ist ja auch ein Prozess, in dem mehrere Phasen durchlaufen werden. Bei der Albumproduktion ist es ähnlich. Wenn du jetzt den kompletten Albumprozess vor der Nase hast: Auf welche Phase freust du dich da am meisten?

Noga Erez: Das ist für mich sehr schwer zu beantworten. Für mich hat jede Phase immer wieder etwas Neues und Spannendes zu bieten. Wenn ich mich aber entscheiden müsste, dann würde ich wohl die Songwriting-Phase wählen. Während des Songwritings passiert unheimlich viel auch außerhalb der Musik. Das geht oftmals viel, viel weiter. Man beschäftigt sich mit Gefühlen, Gedanken und dem innersten Kern.

In dieser Phase lernt man sich oftmals auch von ganz neuen Seiten kennen. Das kann positive, aber auch negative Energien freisetzen. Wenn man sich intensiv mit sich selbst beschäftigt – und genau das passiert beim Songwritingprozess – dann kommen nicht immer nur schöne Dinge zum Vorschein. Das kann manchmal auch ganz schön schmerzhaft sein. Aber genau diese Herausforderung reizt mich ungemein.

MusikBlog: Wie groß war die Herausforderung, als es darum ging, ein Soundfundament für “Kids” zu gießen?

Noga Erez: Nun, ich war sehr lange damit beschäftigt, meine Musikrichtung zu hinterfragen. Als “Off The Radar” rauskam, fragten mich viele Leute, wie ich meine Musik beschreiben würde. Und ich hatte irgendwie keine Antwort parat. Das verunsicherte mich ein bisschen. Da war irgendwie keine Schublade, in die ich reinpasste. Ich habe dann aber irgendwann gemerkt, dass die Suche gar keinen Sinn ergibt. Ich habe akzeptiert, dass meine Musik so klingt wie sie eben klingt, und das genau dieser Fakt mein Erkennungsmerkmal ist. Seit dieser Erkenntnis fühle ich mich total befreit.

MusikBlog: Mein persönlicher Lieblingssong ist “No News On TV”, ein Song, der wunderbar ins aktuelle Zeitgeschehen passt. Wie sieht es bei dir aus? Hast du einen Song auf dem Album, der dir besonders am Herzen liegt?

Noga Erez: Puh, das ist ziemlich hart. Eigentlich variiert das von Tag zu Tag. (lacht) Wenn man mich aber festnageln will, dann würde ich wahrscheinlich “Kids” und “Candymann” auswählen.

MusikBlog: Warum gerade diese beiden Songs?

Noga Erez: “Kids” ist ein Song, der konzeptionell alles ausdrückt, um was es auf dem Album geht. Und “Candyman” ist ein unglaublich unangepasster Track. Eigentlich sind beide Songs am weitesten weg von irgendwelchen Gedanken in Richtung Airplay, Radio und Mainstream. Und genau solche Songs liebe ich. Ich mag es, wenn Musik Ecken und Kanten hat. “Kids” und “Candyman” haben unheimlich viele Ecken und Kanten, musikalisch und inhaltlich.

MusikBlog: Zu Beginn des Tracks “End Of The Road” ist die Stimme deiner Mutter zu hören. Wie kam es denn dazu?

Noga Erez: (lacht) Ja, das wirkt erst einmal ziemlich verrückt und lustig, hat aber in der Tiefe einen sehr ernsten Hintergrund. Es geht hier um Liebe und Respekt. Ich habe keine Ahnung, wann uns das Leben trennen wird. Aber ich weiß, dass der Moment kommen wird. Und bis es soweit ist, will ich die Verbindung zwischen mir und meiner Mutter auch künstlerisch dokumentieren und festhalten – und wenn es nur, wie in diesem Fall, mit einer einzigen Textzeile ist. Ich finde es schön, zu wissen, dass die Person, die mich in meinem Leben am meisten beeinflusst und inspiriert hat, Teil dieses Albums ist. Das ist ein tolles Gefühl.

MusikBlog: Du hast auch diesmal wieder mit Ori Ruosso zusammengearbeitet. Was macht eure Beziehung so besonders?

Noga Erez: Ori ist ein begnadeter Visionär. Er steckt voller Energie und Ideen. Die Zusammenarbeit mit Ori ist immer unglaublich inspirierend. Er hat immer eine sehr klare Vorstellung. Bei ihm passiert nichts ohne Plan. Auf der anderen Seite ist er aber auch ein empfänglicher Zuhörer, der offen ist für jegliche Kreativität von außen.

MusikBlog: Wann hast du erkannt, dass du dir ein Leben als Musikerin und Künstlerin aufbauen kannst?

Noga Erez: Da gab es nie einen bestimmten Moment. Das war eher ein Prozess. Ich war nicht immer so selbstbewusst wie heute. Ich denke, dass das der Schlüssel war. Ich habe mich und mein Tun irgendwann schätzen und lieben gelernt. Seit dieser persönlichen Entwicklung wachse ich mit jeder neuen Aufgabe.

MusikBlog: Wie sieht denn deine nähere Zukunft aus? Gibt es spannende Pläne in der Pipeline?

Noga Erez: Es ist natürlich eine unheimlich schwere Zeit gerade. Aber ich habe ein tolles Team um mich, und ich kann dir jetzt schon sagen, dass wir zum Album-Release etwas ganz Besonderes planen. Wir arbeiten gerade an einem Live-Projekt, das Musik, Kino und Tanz verbindet. Ich denke, dass man als Musiker und Künstler gerade extreme Hürden nehmen muss. Aber wir versuchen, aus der Situation etwas Neues entstehen zu lassen. Es ist so wichtig, dass man kreativ bleibt und noch offener ist für neue Visionen und Ideen.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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