Seit dem richtungsweisenden Debütalbum „Sunbather“ wurden Deafheaven zwar nicht als Erfinder, jedoch als Gallionsfigur des Blackgaze-Genres emporgehoben.

Acht Jahre sind seitdem ans Land gegangen und das Quintett wurde nicht müde, jede Ecke und Nische dieser stockdunklen wie bittersüßen Black-Metal-Spielart auszuleuchten und Blastbeat um Scream-Einlage in sphärische Gitarrenwände und fast positiv klingende Harmonien zu packen – mancherorts war zeitweise sogar von „Happy Metal“ die Rede.

An „Infinite Granite“ ist nun allerdings nicht mehr viel „happy“ oder „Metal“: Die Band vollführt den radikalsten Umbruch ihrer Diskografie und wendet sich von harten Klängen und brutalen Instrumentierungen ab.

Gänzlich in fremden Gewässern tummeln sich Deafheaven zwar nicht – noch immer ist der Shoegaze-Part präsenter denn je.

Doch mit der großflächigen Unverzerrtheit der hallenden Gitarren und dem fast schon ätherischen Klargesang von Frontmann George Clarke deuten viele Zeichen ebenfalls auf Post-Rock, Post-Punk, Post-Metal – Deafheaven sind jenseits ihres herkömmlichen Sounds anzutreffen.

Dabei schwimmen die US-Amerikaner nicht zu weit in unbekannte Gewässer: Ein wenig hangeln sie sich an offensichtlichen Genregrößen wie My Bloody Valentine und Slowdive entlang, um nicht den Halt zu verlieren.

Dem Sound von „Infinite Granite“ schadet das keineswegs, sind diese Vorbilder schließlich Meister des „Wall Of Sound“ und nicht grundlos zeitlose Referenzen bis heute. Im Gegenteil, Deafheaven bewegen sich so selbstsicher zwischen den dichten Soundwänden, als wären sie dort schon seit Jahren zu Hause – nicht nebenan, im deutlich schwärzeren, brutaleren Blackgaze-Heim.

Den Einstieg in ihre neue Bandphase macht die Band besonders einfach, denn auch durch den indie-rockigen Sound sticht das hervorragende Songwriting deutlich hervor, das Deafheaven seit jeher an den Tag legten.

Neu sind dabei herzlich warme Melodien, die das Geschehen beherrschen: Fast schon poppige Schläge nehmen Clarkes Gesangs-Hooks an, bringen nicht nur Momente zum Träumen, sondern – früher undenkbar – eventuell auch zum Mitsingen mit.

Wo Songlängen von über zehn Minuten nicht unüblich waren, pendeln sich die neun Tracks bei ungefähr fünf Minuten ein – auch hier lösen Deafheaven sich vom Konzeptuellen und von alten Strukturen und finden sich in kurzweiliger Eingängigkeit.

Zum Ende hin geht es dann aber doch nicht ganz ohne die Anerkennung der Vergangenheit: Mit der zweiten Hälfte des achtminütigen Closers „Mombasa“ finden doch noch kurz verzerrte Shred-Gitarren, keifende Screams und rollende Drum-Fanfaren ihren Weg auf das Album – auch daran hat die Band nach wie vor Spaß, wenn auch im begrenzten Rahmen.

Dennoch fühlt es sich an, als hätten Deafheaven sich mit „Infinite Granite“ selbst neu gefunden – oder zumindest herausdestilliert, worauf es ihnen von hier an ankommt. Dass sie damit nach Jahren noch immer neue Wege gefunden haben, um elitären Metal-Puristen weiter vor den Kopf zu stoßen – geschenkt. Denn auch mit ihrem fünften Album wissen Deafheaven weit über jegliche Tellerränder zu begeistern.

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