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Emma Ruth Rundle – Engine Of Hell

„Engine Of Hell“. Der Titel des fünften Solo-Albums von Emma Ruth Rundle gewohnt düster. Gar nicht gewohnt die ersten Takte des Openers „Return“. „Boys For Pele“ von Tori Amos ist die erste, schnelle, Assoziation aus dem Bauch. Krasser kann sich die Entwicklung der Gitarrenvirtuosin kaum umdrehen.

Die letzten beiden Alben waren dominiert von elektrischen Gitarren. Schnarrend, zerrend, latent noisig. Unmengen an Effektgeräten auf der Bühne. Dann die Kooperation „May Our Chambers Be Full“ mit den Sludge Metallern von Thou. Super düster, Lärmig, Shouten, dazwischen unverkennbar Emmas E-Gitarre und kräftige Stimme. Die Konstante tiefschwarze Emotionen und Fatalismus.

Und jetzt ein Piano. Emmas Stimme nicht mehr kräftig. Und auch sonst nichts. Auf den ersten Blick „einfach“ reduziert. Auf den zweiten Blick emotional viel intensiver und verletzlich. Oder verletzt.

Dazu das Video. Vorbei mit Hipster-Attitude, Dutt, Tattoos im Vordergrund. Stattdessen Sakko und wallendes Kostüm. Ausdruckstanz, Schwarz und Weiß prallen aufeinander. Ziehen sich an und stoßen sich ab.

„Blooms Of Oblivion“ bringt die Gitarre vermeintlich zurück. Wiedererkennungswert. Reiner akustischer Sound. Gesang musikalisch fast geflüstert. Es verdichtet sich in der Reduktion, die nur im Vergleich mit den alten Werken auffällt.

Wenn Emma redet, geht es nicht mehr um Louisville, Politik, Grenzen, ihre (vergangene?) Beziehung zu Jaye Jayle. Das tägliche Leben im Heute wie weggewischt, sie wühlt in der Vergangenheit. Dazu passt das Piano, das erste Instrument, das Emma Ruth Rundle als Kind gelernt hat.

Überaus persönlich, menschlich verzweifelt. Doch verklärt und stark, kein „Opfer“ einer bösen Welt. Methadon-Ausgabestellen, abgeholte Leichen, durch Missbrauch gepägte Jugend. All das hört man beim zweiten, dritten Durchlauf.

„Citadel“ sticht als intensivstes Highlight aus der sehr homogenen Scheibe heraus. Gewohntes Schnarren der Gitarre, sich Bahn brechende Energie im Spiel und Gesang. Und darunter ziehen Streicher eine fatalistische Grundlage.

Nach diesem Aufbegehren beendet das dramatische und namensgebende „In My Afterlife“ die Platte. Mit einem fragilen “And now I’m free, and now I’m free“ entlässt Emma uns in die drückende Stille.

Die komplette Platte wurde in der Isolation in Wales geschrieben. Alle Tracks mehrfach live eingespielt und jeweils die emotional dichteste Version ausgewählt. Eventuelle Fehler im Spielen ignoriert. Perfektion steht nicht im Vordergrund. Vom ersten bis zum letzten Takt kein einziger Effekt.

Nackter und intimer kann eine Platte kaum daherkommen. Vor allem im Vergleich zu den vorherigen Werken.

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