„Die Welt zerfällt in ihre Einzelteile“ singt Drangsal im Titeltrack seiner neuen Platte. Es ist evident realitätsfern, wer dies noch nicht selbst bemerkt hat, aber der globale Split ist gar nicht das Kernthema seiner dritten Ausgabe.
Der Zweifel um das eigene Ich bleibt, was Max Gruber umtreibt. Der Diskurs um Liebe und Schönheit, um Sünden, Ekstasen und Apokalypsen, ist, was in zermürbender Unzufriedenheit und Identitätskrisen mündet und nach einem Ausstiegsszenario verlangt, das nicht unwesentlich die Liebe als Fluchtpunkt, als “Exit Strategy”, begreift.
Bei unscharfer Betrachtung scheinen die 11 Teile mit ihren Titeln „Mädchen sind die schönsten Jungs“ und „Ich bin nicht so schön wie Du“ dabei narzisstisch unterwandert, tiefer mit der Materie befasst, demaskiert sich jedoch eine durchaus differenzierte, von Drama, Hoffnung und Desillusion gespeiste, Sinnsuche, die wie z.B. in „Schnuckel“ Oberflächlichkeit konterkariert.
Support kam von diversen Hochkarätern. Es findet sich die Sprache von Dirk von Lowtzow und Caspar in den Texten, sind die Stimmen von Ilgen-Nur und Mia Morgan im Background zu hören, hat Max Rieger partiell in die Saiten gegriffen und Produzent Patrik Majer dem Konglomerat jenen Feinschliff verpasst, der für die kontinuierliche Weiterentwicklung eines beharrlich zwischen allen Stühlen sitzenden Musikers eine exzellente Plattform bedeutet.
Propper bleiben Drangsals Arrangements: die Songs blasen sich zu New Wave-Monstern auf, Synthies schmettern Grüße aus den Achtzigern, das Schlagzeug prügelt wild, rotzige Riffs, klagende Streicher, Rummelplatz-Techno – Grenzen verschwimmen, nichts, was nicht zueinander passen oder sich anderweitig fusionieren ließe, wie exemplarisch im Schlusskapitel „Karussell“ nachzuhören.
Den ambitionierten Gesamteindruck trübt ein wenig, dass der Multiinstrumentalist, der sein drittes Werk größtenteils selbst einspielte, nicht auf jene Stilmittel aus dem „Zores“-Erbe verzichten wollte, die seine Anliegen inhaltlich wie musikalisch in einem Hang zur Gefälligkeit auflösen.
Insgesamt hört sich Drangsals künstlerischer Werdegang inzwischen jedoch an, wie die Geschichte von einem Grenzgänger, der aus Harieschaim auszog, um sich von allen Ressentiments zu befreien.