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Masha Qrella – Live im Knust, Hamburg

Die Open Air Konzertbeginne um 18:00 Uhr seit Corona sind gewöhnungsbedürftig. Scheinbar auch für die Bands. Der Lattenplatz vor dem Knust komplett bestuhlt mit Bierbänken, es füllt sich langsam. Masha Qrella und Band machen vermeintlich entspannt den kompletten Soundcheck vor Publikum.

Der geht dann gleich fließend und angenehm unprätentiös über ins wirkliche Konzert. „Soundcheck vor Publikum ist ja noch schlimmer als vor Publikum zu spielen. Wir haben vor Aufregung gleich alles falsch gesteckt.“, erklären Masha Qrella. So viel dazu…

Das Titelstück der neuen Platte „Woanders“ macht den Opener. Chillig entspannt mit Tiefe, Mashas Gesang darüber fast lieblich. Ihr filigran gespielter Bass wirkt regelrecht verträumt. Wir wären bereits jetzt nicht gerne woanders. Die Doppel-LP „Woanders“ besteht ausschließlich aus Vertonungen von Gedichten Thomas Braschs. Da Masha noch etwas mehr von ihm mitgeben will, liest sie zwischendurch Texte von ihm vor.

„Bleiben“ legt den Druck gleich eine ordentliche Latte höher. Die elektronische Percussion in Kombination mit Bongo funktioniert super. Die Wortspiele aus den Gedichten kommen live deutlich besser auf den Punkt.

Wechsel an einen kleinen Tisch zu „Blaudunkel“. Effektgeräte nehmen mehr Platz ein als das Mini-Keyboard. Schleppender Druck mit unendlicher Tiefe. Noisiges Zerren der Effekte fügt sich harmonisch ein. Der Gesang darüber als ausgleichender Ruhepol.

Mashas Musik ist extrovertiert, sie wechselt unbeschwert zwischen Bass, Gitarre, Keyboard und Mundharmonika. Der Auftritt spricht eine andere Sprache als die Musik. Hände schüchtern in den Hosentaschen, Gesicht versteckt hinter Haaren oder Micro, konzentriert geschlossene Augen.

Bei „27. September“ kein einziger Blick nach oben. Gelächelt wird selten. Hier geht es wirklich um die Musik, kein bisschen um Selbstdarstellung.

So geht es mit viel Abwechslung durch das gesamte Werk:

„Wind“ wird zum Tanzhit. „Haut“ mit seinem bedrohlichen Vibrieren und komplexer Percussion wird das bisherige Highlight.  „Märchen“ kommt erstaunlich gut gelaunt daher, Masha übernimmt den Sprach-Part von Marion Brasch, der Tochter des Dichters.

„Hure“ wird ein weiteres Highlight. Interessanterweise, weil es einfach total klassisch gespielt ist. Diese Vereinfachung ist auch mal befreiend.

Nachdem „Woanders“ einmal durchgespielt ist, gibt es als Zugabe noch „Ticket To My Heart“ von der Vorgängerscheibe „Keys“.

Insgesamt ein sehr kurzweiliger Auftritt. Beeindruckende musikalische Breite mischt Anleihen aus den unterschiedlichsten Genres harmonisch zum konsistenten Ganzen. Dabei lassen die drei die hohe Komplexität trotz hoher Konzentration leichtgewichtig erscheinen.

Die wahre Bandbreite der aktuellen Platte hat sich erst auf der Bühne richtig erschlossen.

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