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Sam Himself – Power Ballads

Die weitreichenden Folgen der Corona-Pandemie machten auch vor den Plänen von Sam Koechlin alias Sam Himself nicht Halt: Im März 2020, nach einem einzigen absolvierten Konzert seiner Frühlings-Tour, wird so ziemlich alles abgesagt – der Wahl-New-Yorker strandet in der Schweiz, seiner alten Heimat.

In einer angemieteten Wohnung in Basel und mit der Ungewissheit, wie es weitergeht und wann er wieder an seinen Wohnohrt zurückkehren kann, macht der Musiker das Einzige, das ihm in dieser Situation geblieben ist: Musik schreiben. Mit dem Equipment, das eigentlich für die Tour gedacht war, arbeitet Koechlin an den neuen Songs, aus denen später sein Debütalbum “Power Ballads” entsteht.

Erst im Januar diesen Jahres gelangt der Sänger wieder nach New York, wo er zehn Jahre zuvor hinzog. Dort beginnt endlich die richtige Studioarbeit mit dem Produzenten Daniel Schlett, der bereits mit Acts wie The War On Drugs und The-National-Frontmann Matt Berninger im Studio saß.

Was das Handling von unaufgeregtem, ätherischem und vor allem entschleunigtem Indie-Pop angeht, zog sich Koechlin also den richtigen Kollaborateur heran. Es entstanden zehn Songs voller Anmut, Traurigkeit und Schönheit.

Größtenteils setzt “Power Ballads” dabei auf Synthesizer-Sphären und Drumcomputer, denen jedoch etwaige digitale Kaltherzigkeiten nicht in die Quere kommen – vor allem wenn die gelegentliche Gitarre dezent dazwischenfunkt und analoge Wärme einbringt. Sam Himself weiß seinen mal poppigen, mal post-rockigen und stets new-wavigen Sound lauschig und hoffnungsvoll zu formen.

Dabei ist der Albumtitel (wahrscheinlich absichtlich) irreführend, denn zwar ist eine gewisse romantische Stimmung, die sich durch die gesamte Platte zieht, nicht von der Hand zu weisen. Am Ende ist es jedoch nicht der schmachtende Kitsch der Schmonzetten-Ballade, die mit viel Theatralik und wenig Substanz dahinter “Power Ballads” dominiert.

Viel mehr sind es die hingebungsvollen und emotionalen Songs, die aus einem Ort der Einsamkeit und der Isolation kommen – jedoch nicht hoffnungslos erscheinen, sondern sich in Selbstakzeptanz und Heilung üben, während sie Optimismus und Aufbruchsstimmung nähren.

Ein wichtiger Teil davon ist Koechlins tiefe, volle Stimme, die sich durch die Tracks croont und im Vorbeigehen Herzen erwärmt. Irgendwo zwischen The Nationals Berninger und David Bowie vermittelt der “Fondue-Western-Bariton”, wie der Sänger sein eigenes stimmliches Markenzeichen nennt: Gerade erscheint alles aussichtslos und trist, aber das legt sich wieder.

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