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Crows – Beware Believers

Neues aus der okkulten Post-Punk-Gruft: Drei Jahre nach dem Debütalbum “Silver Tongues” legen Crows aus London nach und toben sich im Genre weiter gründlich aus.

Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass die Grufti-Disko gar nicht mal so trist und klaustrophobisch wirkt: Ordentlich Platz zum wilden Tanzen gibt es hier, Ecken zum kurzen Durchatmen sind auch vorhanden, hin und wieder fallen ironische Girlanden und Luftschlangen ins Auge.

Für das Quartett bedeutet Post-Punk eben nicht einfach nur der klassische Rumpel-Sound der späten 70er und frühen 80er, der oft kopiert und selten gemeistert wird. Das macht “Beware Believers” auch von Anfang an klar: Natürlich ist die Platte oftmals düster und tiefschwarz in Sachen Gefühlswelt, tieftraurig und hoffnungslos im Grundtenor – als kleinster gemeinsamer Nenner eint dies die 11 Songs.

Danach kommt es allerdings drauf an, was Crows mit diesen schlechten Gefühlen machen. Denn mit der Dramaturgie des Zweitwerks verhält es sich wie mit dem echten Leben: Mal möchte man in der Tristesse versinken, mal ihre Energie für positive Dinge oder Zerstörung nutzen oder sich mal vernünftig und erwachsen damit auseinandersetzen.

Zugegebenermaßen hängt sich “Beware Believers” nicht zu sehr mit Letzterem auf, denn Vernunft liegt der Band schlicht nicht. Stattdessen taucht sie im Opener “Closer Still” voller Wut in zerrende Noise-Grunge-Ozeane ein, nur um im Chorus die hedonistische Indie-Schiene zu finden, auf der Kasabian schon seit jeher ihr Unwesen treiben.

“Garden Of England” lädt zum Wüten in der Indie-Punk-Disko ein, auf der sich jemand ständig die Queens Of The Stone Age wünscht. Der erste reinrassige Post-Punk-Kracher kommt erst mit “Only Time”, der sein spätes Erscheinen wieder gut macht, indem er erst einmal zornig alles kurz und klein hackt.

Dabei stampft das Schlagzeug mal schneller und mal langsamer, gleichzeitig aber immer konsistent und tanzbar – fröhliche Party-Vibes kommen hier mit den intensiv gekeuchten Vocals oder den dissonanten, fast schon shoegazig verzerrten Gitarren zwar nie wirklich auf.

Exzessives Frust-Tanzen ist aber definitiv drin, weswegen “Beware Believers” auch so mitreißt: Eine halbgare Illusion von Hoffnung sucht man hier vergeblich. Eher ist es okay, angepisst zu sein – egal, ob es an der eigenen kaputten Gefühlswelt, an anderen Menschen oder an der sozial unfairen Gesellschaft liegt.

“Beware Believers” ist die aggressive wie nihilistische Brut aus Zynismus und Weltschmerz, gepresst in Gitarrenmusik.

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