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Courtney Barnett und The National – Live im Stadtpark, Hamburg

Mitten im Stadtpark, umringt von Bäumen, kleinen Bögen aus tiefgrünen Büschen und der sommerlichen Abendsonne lockt das Stadtpark Open Air in Hamburg an diesem Montagabend alle Altersklassen nach Winterhude. Bei – für Hamburger Verhältnisse – unverschämt beständigem Wetter machen es sich die meisten schon vor Beginn des Konzerts auf der ansteigenden Fläche bequem, die sich vor der Bühne wie ein improvisiertes Amphitheater erhebt.

Was sich wie ein kleines Festival anfühlt ist eigentlich nur die Rückkehr der US-amerikanischen Rockband The National nach Deutschland. Nur sagt sich das so leicht, denn schaut man sich das erschöpfende Programm an, das The National in den letzten Monaten hinter sich gebracht haben, wirkt der Abend doch eher wie das nächste Abendset auf der nächsten Main Stage. Statt Primavera Sound in Barcelona ist es jetzt halt das Stadtpark Open Air in Hamburg.

Und in Hamburg lohnt es sich, schon vor Beginn des Sets die Plätze vor der Bühne zu besetzen. Denn mit der australischen Musikerin Courtney Barnett haben The National für einen hochkarätigen Sundowner gesorgt. Auch Barnett durfte sich am Wochenende schon in Berlin auf dem neugeborenen Tempelhof Sounds in Berlin warmspielen und liefert heute in der prallen Sonne ein kurzes, aber intensives Set ab.

Einzig eine Biene, deren Gebahren von Courtney Barnett als eindeutiger Angriff eingeordnet wird, unterbricht die knappe halbe Stunde, in der die vielleicht rohesten Klänge des Abends von der Bühne klingen. Einige Sonnenstrahlen verirren sich während der zahlreichen Gitarrensoli in den metallenen Teilen ihrer Gitarre und werfen ihre Reflektion durch den Dunst der Nebelmaschine ins Publikum.

Nach einer weiteren halben Stunde stehen dann auch schon The National auf der Bühne und stimmen ihre melancholischen Klagelieder an. Matt Berninger genießt die offene Bühne sichtlich und macht sich schon früh im Set auf den Weg in Richtung Publikum, nimmt zwischenzeitlich bei “Mistaken For Strangers” auf dem Grünstreifen vor der Bühne Platz, nur um umso ekstatischer wieder aufzuspringen.

Wir fragen uns, ob Berninger zwischen einigen Songs vielleicht nur so verdattert wirkt, weil er immerzu zwischen Zwillingen stehen muss. Die zerstreute Energie, die von ihm ausgeht, und die den Auftritten der Band immer etwas Rauschartiges verleiht, überträgt sich auch auf das Publikum.

Nicht zuletzt die Location selbst scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, für die ideale Atmosphäre zu sorgen, die Zuschauer*innen nur noch betreten müssen, um sich von den Lieder der US-Amerikaner tragen zu lassen. Flugzeuge im Landeanflug, die durch die Abenddämmerung hindurchleuchten, lassen sehnsüchtige Lieder wie “I Need My Girl” noch intensiver wirken und erwecken den Eindruck eines begehbaren Musikvideos.

Den Abschluss des regulären Sets übernimmt “Fake Empire”. Die Reaktion darauf fasst den Abend wohl ganz gut zusammen. Auf anfängliche Euphorie folgt die Erkenntnis, dass The National ja eigentlich kaum euphorische Musik machen.

Man wirft selbst einen kurzen Blick in die Ferne und hält inne, und begibt sich so automatisch in den passenden Sinneszustand, um die ansteigende Spannung in jedem Track ebenfalls zu empfinden. Vielleicht ist die leichte Verdattertheit also auch einfach Teil des Konzepts?

Die Bläser, die bisher eher im Hintergrund verweilten, bekommen jedenfalls auch noch einmal einen Szenenapplaus, ehe die Band für kurze Zeit neben der Bühne abtaucht. Die Zugabe, in der unter anderem “Ice Machines” und “About Today” Platz finden, kondensiert die Eindrücke des Abends noch einmal auf wenige Minuten.

Während Berninger umher wandert und im eigenen Tempo sein Bariton präsentiert, gibt die restliche Band alles, um die filmisch inszenierten Tracks zu zähmen und zu einem versöhnlichen Ende zu führen. Das Publikum ist glücklich und gelöst und auch die Band scheint – und das nicht nur oberflächlich – wirklich eine besondere Beziehung zur Hansestadt zu haben, erzählt sogar von neuen Studioaufnahmen in der Stadt und alten Freunden, die sie endlich wiedersehen dürften.

Das einzig Komische an diesem Abend – und das sieht auch Berninger so – sind die Bierbecher. Mit einem gigantischen Henkel, dessen Nutzen auch vom Frontmann hinterfragt wird – wir haben eine Person mit Becher im Gürtel gesehen, aber das kann es auch nicht sein – hat er sich so jedenfalls einen Platz im Reisegepäck der Band verschafft. Wobei es auch noch einen Zuschauer im bunten Bademantel gab, aber das ist eine andere Geschichte.

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