Das Imperial Theater am Anfang der Reeperbahn. Seit vielen Jahren die Instanz Deutschlands für Krimis auf der Bühne. Heute Schauplatz anderer Spannung in (mindestens) fünf Akten – die Verleihung des Hamburger Music Awards KRACH+GETÖSE. Das erste Mal in 14 Jahren als richtige Gala mit allem, was dazu gehört: (Sekt)-Empfang, Photo-Stand, Showband, Live-Acts, super Moderation, Plüschsessel, liebevolle Dekoration und vor allem viel, viel Emotion.
Bei schönstem Sonnenschein trubelt es bereits vor der Türe. Sehr gemischt, seriös trifft auf schrill und extrovertiert. Wetten werden abgeschlossen, wer ist Band, Support oder unterstützt mit Sponsoring. Und irgendwie kennen sich gefühlt fast alle. Familientreffen ist der Begriff, der sofort in den Kopf kommt.
Vorhang auf. Die Klassik bereitet den Weg in die Moderne. Danube’s Banks als Showband verteilt auf der opulent ausgebauten Bühne mit Holztreppen Gypsy Swing at its best.
Das Moderations-Duo. Treffender lässt sich die Bedeutung eines Musikpreises in Hamburg kaum in Persönlichkeiten packen. Zum einen Onejiru. Musik und Politik für eine bessere, buntere und fairere Welt. Die Liste der Engagements ist schier endlos. Future Female Africa (FFA) und Viva con Agua als nur zwei Beispiele unter vielen.
Zum anderen Drag Queen Didine, zuhause auf dem Kiez. Neben der Arbeit als Performerin ist sie Queer-Aktivistin, Dozentin, hat eine Radioshow und ein Museum gegründet. Die beiden harmonieren super und zeigen, dass der Abend mindestens so bunt wird wie die Menge vor der Türe. Kunst ist und muss sozialpolitisch sein. Die Aussage ist so glasklar wie unausgesprochen.
Der Award und was er bedeutet. Andrea Rothaug von Rockcity Hamburg e.V. erklärt. Es gibt einen Pokal und ein Preisgeld, das ist Beiwerk. Kern ist echte individuelle Unterstützung für ein Jahr. Zugeschnitten darauf, was wirklich gebraucht wird. Coaching, Booking, Aufnahmen, Promotion… und vor allem viel, viel gemeinsame Arbeit auf dem Weg zum eigenen Ziel.
Echte Förderung, kein Chichi. Umsetzbar ist sowas nur gemeinsam. Neben Hauptsponsor Haspa Musikstiftung ist die Liste der Unterstützer*innen lang. Studios, Clubs, Medien…alles dabei. MusikBlog natürlich auch mit von der Partie.
Bevor es nun wirklich an die Awards geht, noch zwei Stücke von Ex-Preisträger M.Byrd. Sonnyboy in Weiß mit Gitarre und intensiver Stimme.
Der erste richtige Akt des Stücks: Soul-Sängerin Cassandra Steen präsentiert den ersten Preisträger, leider nur im Einspieler persönlich und nicht vor Ort:
King LX. Jubel im Publikum. Er überzeugt mit großer Stimme und seinem Sound, angelehnt an Soul und R&B-Klänge. Als geborener Entertainer freut er sich über die Durchlässigkeit der Hamburger Musikszene, die keine Grenzen zur Entfaltung setzt.
Den zweiten Akt präsentiert Sängerin und ebenfalls Ex-Preisträgerin Sarah Muldoon zusammen mit Reimer Bustorff von Kettcar:
Sängerin und Gitarristin Deer Anna. Liebenswürdig schüchtern und voller Begeisterung wird sie ihr Preisgeld wohl in ein neues Hemd für ihren Drummer investieren.
Dritter Akt. Hendrik Otremba, Sänger von der Gruppe Messer präsentiert:
Das Quartett rauchen. Mit ihrer Symbiose aus Punk und Hardcore kommen sie dem Titel des Awards heute Abend am nächsten. Leider ist Frontfrau und Sängerin Nadine im Urlaub. Ihr Preisgeld werden sie an 4. Hamburger Frauenhaus e.V. spenden.
Pause vorbei, das mit den zehn Minuten war, wie zu erwarten, nix. Zu viel zu besprechen für alle. „Wir müssen 2022 nicht mehr diskutieren, ob wir divers sind. Das ist zum Glück heute selbstverständlich“.
Akt vier wird präsentiert von Oyèmi Noize, politisch engagierte Sängerin und Multi-Instrumentalistin von Jaguwar:
Singer/Songwriterin Moyo Ray, sichtlich gerührt und ergriffen. Moyo liebt die Vielfalt und Diversität der Hamburger Musikszene. Sollte Didine ihr das weiße Kleid nicht verkaufen, wird sie das Preisgeld wohl in Effektgeräte investieren.
Fünfter und letzter Akt. Rapper Yassin präsentiert:
Genrekollegin Satarii. Extrovertierte Farben treffen auf Selbstbewusstsein. Die queer-feministische Bubble macht für die Wahlhamburgerin viel Wert der Stadt aus. Wichtigster Tipp von Yassin „Lass Deinen Kopf nicht von Zahlen ficken. Bleib Dir treu, mach Dein Ding.“
Die Katzen sind alle aus dem Sack, es wird nochmal richtig laut. Dancehall Queen ÄLICE gibt richtig Gas und lässt die Bässe nur so wummern.
Zum Abschluss nochmal alle auf die Bühne. Alle sind hier wirklich alle, die mitgewirkt haben. Am Schluss stehen genauso viele Menschen auf der Bühne, wie noch in den Sesseln sitzen. Große Augen, mehr als nur eines feucht.
Dann wird die Party eröffnet. „In dem Sinne. Trinkt viel Alkohol. Nehmt viele Drogen. Schreibt viel neue Musik.“. Der Schlusssatz des Abends.