Melancholie versus Noise. Melodie versus Instrumentalwände. Hingabe versus Monotonie. Viele Dinge, die sich unter normalen Gegebenheiten auf Skalen diametral gegenüberstehen, bringt beabadoobee in Harmonie. Wie verträglich manche vermeintlichen Kontraste bei genauerem Hinhören sein können, beweisen die 14 neuen Songs ihres zweiten Albums “Beatopia”.

Im Vergleich zum Debütalbum gibt es dafür vor allem mehr Schwung nach vorne und breite Instrumentalsphären. Nein, auch das ist kein Widerspruch. Erst 2020 erschien das Debüt “Fake It Flowers” von Beatrice Ilejay Laus, so beabadoobees Künstlerinnenname.

Seitdem hat sich der außergewöhnliche Sound der auf den Philippinen geborenen Musikerin schon in die Herzen vieler Indie-Fans eingenistet. Und zwar von so vielen, dass sie schon fest zur Genre-Spitze der letzten Jahre dazu gehört.

Auf dem ersten Album regierte dabei noch das unverkennbar hohe Timbre der Musikerin den Wiedererkennungswert, angereichert mit allerlei LoFi zwischen Grunge und Dream Pop. Und jetzt? Tatsächlich schafft “Beatopia” das, was jeder Fan beabadoobee wohl gewünscht hätte:

Statt Hochglanz-Produktion knirscht es immer noch an allen Ecken und Enden, und dennoch – man spürt eine Entwicklung in den Klangbildern. Alleine der Opener “10:36” tanzt das einmal vor, indem er engmaschigen Alt-Rock auffährt. Der will direkt in die großen Crowds hüpfen und webt am Ende sogar einen coolen Cheerleader-Chor in die Beat-Struktur. Eine spannende Produktion!

Ähnlich kompromisslos und eben auch noch größer als auf dem Debüt klingen einige Songs der Platte, etwa der ungeschönt noisige “Fairy Song” oder die 00er-Jahre-Verbeugung “Talk” mit leichter Emo-Schräglage.

Was diese Songs wollen, schaffen sie auch – einen Energiesturm, der wohl erst beim übergeschnappten Moshpit abgelassen werden kann. Das liegt auch daran, dass Laus’ Stimmfarbe gefasster klingt als noch vor zwei Jahren, sich den nötigen Raum selbstbewusst krallt.

Aber: “Beatopia” ist keine reine Rock-Platte. Und das ist im Jahr 2022 natürlich eine gute Nachricht, stauben doch vor allem die Alben viel Aufmerksamkeit ab, die sich im Genre-Spagat möglichst kreativ austoben.

Bei beabadoobee klingt das 2022 dementsprechend farbenfroh. Die warmen R&B-Töne von “Sunny Day” hätte sicherlich auch FKA twigs gefeiert, die Bossa Nova-Vibes von “The Perfect Pair” erinnern insbesondere in den großen Streichern vielmehr an Lorde. Und mit “Tinkerbell is Overrated” geht es dann doch einmal ganz hoch hinaus mit perlendem Pop.

Zwischen all diesen Spielereien bleibt die Platte aber immer 100% beabadoobee, nur eben etwas ausformulierter als zuvor. Warum die Platte gleichzeitig wieder direkt ans Herz geht? Der DIY-Sound ist überall, steckt im knisternden Riff, im LoFi-Antlitz, im niemals übertrieben ausproduzierten Sound.

Und sowohl das treibende “Don’t Get The Deal” als auch das von weichen Chören getragene “Pictures Of Us” zeigen, wie gigantisch Wohnzimmer-Atmosphäre klingen kann.

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