Die Weltordnung ist derzeit alles andere als in ihrem besten Zustand und eher kein Ort, an dem die meisten Menschen mit fröhlichem Optimismus glücklich leben können. Umso besser, wenn man wenigstens mit netten, gleichgesinnten Menschen ein paar schöne Stunden verbringen kann. Genauer gesagt 1,5 Stunden mit Phoebe Bridgers und knapp 2.000 Fans in der TonHalle München.

Nachdem Harrison Whitford, der Gitarrist in Phoebes Liveband, das Publikum etwas aufwärmt und Sophie B. Hawkins aus den Lautsprechern auf einen emotionalen Abend einstimmt, zeigt sich schon, wie ungeduldig und lautstark die Zuschauer*innen ihr Idol wie einen Teenie-K-Pop-Star erwarten. Die tiefe Bindung zwischen Künstlerin und den Fans wird sich auch später noch zeigen.

Dann kommt Phoebe Bridgers, von lautem Kreischen begleitet, auf die Bühne und verballert mit „Motion Sickness“, „Garden Song“ und „Kyoto“ gleich alle Hits zum Anfang. Gesungen werden diese praktisch gemeinsam von Bridgers und dem Publikum, im Chorus verschiebt es sich – zumindest der Lautstärke nach – sogar von der umfangreich illuminierten Bühne in den Saal.

Danach folgen die etwas ruhigeren Songs, die jedoch nicht weniger mitreißend sind. Bei „Smoke Signals“ ruft der Saal lauthals das „fuck the cops“ der letzten Zeile der zweiten Strophe. Danach erklärt Phoebe, die selbst ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater hat (wie sie u.a. auf „Kyoto“ thematisiert), dass sie Schwierigkeiten hat, mit Menschen abzuhängen, die keine entfremdete Beziehung zu ihrem Vater haben. Mit „Apropos traumatisiert“ kündigt sie dann den nächsten Song mit „the next song is this one“ an, der sich dann als „Funeral“ herausstellt.

Wie erwartet, gibt Bridgers auch ein Statement zum Urteil des Obersten Gerichtes in den USA zum Abreibungsrecht ab. Dass Frauen keinen Zugang zu sicherer Abtreibung mehr haben, ist so „fucked up“ wie sie sagt, dass sie weinen könnte. Und dass es – angesichts des religiösen Fanatismus, der in den USA weiter zunimmt – schön ist, auch mal weit weg von Zuhause zu sein. So wie es die Kalifornierin vorträgt, wird auch im Publikum das ein oder andere Tränchen verdrückt.

Phoebe findet jedoch einen positiven Spin und erwähnt die vielen Organisationen, die sich für Frauenrechte in den USA engagieren. Trotzig fordert sie das Publikum auf, jeder möge von seinen Eltern 1.000 Dollar zu klauen und an eine der Einrichtungen spenden.

Die Zuschauer*innen bekunden ihre Seelenverwandtschaft mit der Protagonistin auf der Bühne bei jeder Gelegenheit, bei „Moon Song“ schwenkt der ganze Saal in stillem, synchronem Einverständnis die Arme im Takt, jeder Song wird laut mitgesungen und jede Äußerung von ihr beklatscht.

Das rührt offenbar auch Phoebe Bridgers selbst, so dass sie vor „Scott Street“ tatsächlich anfängt zu weinen, weil es so schön sei, diese Gemeinschaft zu spüren, wie sie erklärt. Spätestens jetzt ist auch in der Halle kein Auge mehr trocken und es folgt natürlich tiefe emotionale Unterstützung für die Künstlerin.

Nachdem die Liveband vorgestellt (besondere Würdigung verdient J.J. Kirkpatrick an der Trompete) und für einen Roadie ein Geburtstagsständchen gesungen wird, stellt Phoebe das Publikum vor die Wahl zwischen der Zugabe „Georgia“ und „Waiting Room“. Es gewinnt nicht ganz eindeutig „Waiting Room“, was auch bei ihren letzten Konzerten der Fall war.

Bridgers betont nochmal, dass es – trotz allem – schön ist, eine Party zu haben und „have you people come to it“ und beendet damit diese Achterbahnfahrt der Gefühle.

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