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Yes We Mystic – Trust Fall

Abschiedsgeschenke sind toll. Man bekommt irgendein Präsent und sieht sich danach nie wieder. Yes We Mystic machen es mit “Trust Fall” mal so richtig dreist und lösen sich am Releasetag ihres dritten Albums auf. Ob sie sich damit selbst beschenken, bleibt mal in Frage gestellt, für Freunde von Art-Pop ist “Trust Fall” aber ein Fest wie Ostern und Weihnachten zusammen.

Die fünf Musiker aus Winnipeg breiten ihr Schaffen auf zehn Tracks aus, wechselnd zwischen Synthieballaden und elektronisch poppigen Klängen.

Im stimmig klimpernden Opener “Long Dream”, welcher einen dramatisch rhythmischen Unterbau mit sich schleppt, werden zwischen Adam Fuhrs hohem Gesang und dem beständig steigendem Tempo, Elektropopträume wahr.

Das balladeske Duett in “High Beams” wogt mit der Pianobegleitung und dient als Wegbereiter für die folgende Höhepunkte.

Mit klampfend angeschlagenen Gitarrensaiten schlägt “Gap Year” Indie-Rock Klänge an, welche Adam Fuhr gesanglich in den Genreolymp bringt. Seit Bloc Partys Kele Okereke hat keiner mehr derart langatmig seine Emotionen rufend dargeboten. Das begeistert und vergeht nicht umsonst in einem phänomenalen Rockoutro.

“Sit Down” und “Forebear” geben sich entspannter. Downtempo in Synthies suhlend verläuft sich der erste Titel im tiefgründigen Sprechgesang, während der zweite Track die Nähe zur Akustik fordert. Piano und Streichinstrumente eröffnen und geben das Tempo vor, verstärkt durch den zunehmenden Einsatz elektronischer Klänge. Zusammengehalten von Fuhrs harmonischem, sympathischem Gesang geben die zerrenden Streicher eine dramatische Darbietung zum Besten. Letztendlich sind es die Drums, die “Forebear” ein fulminantes, eruptives Finale abverlangen.

“Dead Bolt”, das gemeinsam mit Virgo Rising eingespielt wurde, präsentiert sich mit Soundsamples im Dauerloop, einer wuchtigen sphärischen Soundkulisse und diesem permanent fiebrigem Beatklopfen. Sperrig und doch faszinierend schraubt sich der Titel zu einem plötzlichen Ende, das in “Night Modes” poppigen Klängen mündet. Das sägende Cello begleitet die elfengleich mäandernde Sängerin Jensen Fridfinnson zum nachhallenden Refrain.

Das führt unweigerlich zu “Head Rush”, dem arhythmisch, rockenden Schaffenszenit von Yes We Mystic. Predigend geleitet uns Adam Fuhr durch die instrumentale Vielfalt des Tracks, angereichert mit Bläsern und Posaunen.

Das schwingt mit wuchtiger Inszenierung noch lange nach und lässt “Trap Door” leider tatsächlich zur Falltür verkommen. Die ruhige, mehrstimmige Nummer versandet im verträumten Popgewand.

Dieses tauscht “Sun Room” zugunsten von Streicheruntermalung und elektronischem Antrieb. Adam Fuhr gleitet zum letzten mal stimmlich in ungewohnte Höhen und sucht dabei nach einem Refrain, dem er sich erfolgreich bis zum Schluss entwindet.

Ein fulminantes, stimmungsvolles Abschiedsalbum präsentieren Yes We Mystic. Die Kanadier sind meisterhaft darin, elektronische Klänge auf akustische Instrumente zu legen und daraus grandiose Outros zu zaubern. Für Freunde von toll arrangierten Songs ein Genuss sondergleichen.

Sehr wohl schade, dass “Trust Fall” den Abschied der Band besiegelt. Oder inszenieren sie etwas ? Wie 2019, als man zum Albumrelease von “Ten Seated Figures” Schauspieler angeheuert hat, um ein Band Alter-Ego darzustellen ? Warten wir es ab.

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