Der irische Singer/Songwriter Dermot Kennedy hat eine klassische „Tellerwäscher-Karriere“ hinter sich. Noch vor wenigen Jahren musste er noch seine Gigs in Dublin oder London selbst organisieren, heute füllt er in z.B. London das Alexandra Palace an zwei aufeinander folgenden Abenden. Kennedy erreicht weltweite Streaming-Zahlen von 1.5 Milliarden und für sein Debütalbum „Without Fear“ wurde er 2020 für die Brit Awards als „Best International Male“ nominiert.

Sein Zweitling „Sonder“ ist ein sehr britisch anmutendes Album geworden. Damit ist nicht der Britpop der 90er Jahre gemeint, sondern jene Musik aus Grossbritannien und Irland, die heute Stadien füllt. Tatsächlich versucht Dermot Kennedy, in die Fußstapfen eines Harry Styles, Lewis Capaldi oder Ed Sheeran zu treten, und das gelingt ihm besser als erwartet.

Seit Gareth Gates 2002 durch „Britain’s Got Talent“ weltberühmt wurde, hat man bei diesen Acts den Dreh normalerweise nach zwei Songs raus: Starke Stimme, Lyrics über betrunkene Liebe, schöne Piano-Melodie und ein Popbeat, der etwas zum Tanzen einlädt.

Dermot Kennedy macht es aber besser als der Einheitsbrei. Schon der Opener „Any Love“ kommt unglaublich eingängig daher und zieht die Aufmerksamkeit mit den feinen Autotune-Effekten auf sich. Ok, erstmal „Gossip Girl“ pausieren.

Mit „Something To Someone“ nimmt die Platte dann mehr Fahrt auf. Kennedy zeigt eine grossartige Gesangsleistung, der Beat treibt uns mal laut, mal leise durch die drei Minuten und man kommt nicht drumherum, in Gedanken an lange Nächte, flüchtige Bekanntschaften und verpasste Chancen zu schwelgen.

„Kiss Me“ treibt das Ganze dann etwas auf die Spitze. „Kiss me the way that you would if we died tonight“, singt Kennedy und ich brauche erstmal eine Pause von dem ganzen Kitsch. Aber schon nach wenigen Minuten muss ich nochmals zu „Something To Someone“ zurück. Pop-Musik macht halt doch süchtig.

Die Geschichten in Kennedys Songs ändern sich auf „Sonder“ eigentlich nie. Vielleicht fehlt auch deshalb dieser Art Musik etwas die Durchschlagskraft. Bestimmt wird auch das Album galaktische Streamingzahlen erreichen, aber in einigen Jahren wird jemand anderes diese Rolle wieder einnehmen.

Den Höhepunkt erreicht Kennedy mit den Songs „Better Days“. Tatsächlich fehlt hier nicht viel zu einem großen Ed Sheeran. Kennedy wechselt ab zwischen Sprechgesang und gewaltigem Stimmorgan und baut die Dramaturgie perfekt auf, bis sich die Erlösung in folgenden Zeilen entlädt: „And soon we’ll be dancing in the sun“.

Tatsächlich werden wir nächstes Jahr wieder in der Sonne tanzen. Wahrscheinlich irgendwo in Magaluff zu einem Remix von „Better Days“. „Sonder“ ist ein Album für den Moment in einer schnellen Zeit und das ist absolut in Ordnung.

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