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Andy Shauf – Norm

Trübe Wintertage und kaltes Wetter eignen sich prima, um sich mit guter Musik auf die Couch, ins Bett oder sonst wohin zu verziehen. Ein Stimmungsbegleiter an solchen Tagen ist der Kanadier Andy Shauf, der sich wie kein Zweiter auf nüchternes Songwriting versteht, dass mit einer Prise Selbstironie gespickt ist.

Visualisieren kann man das mit dem “Wasted On You” Musikvideo oder akustisch aufnehmen mit seinem neuen Album “Norm”. Dass Shauf eher ein wenig abseits der betitelten Norm unterwegs ist, zeigt schon, dass er die Klarinette zum Einsatz bringt.

Als Multiinstrumentalist hat er seine wunderbaren, elegischen Songs selbst eingespielt. Schönstes Beispiel ist das soulige, mit der Klarinette schäkernde “Wasted On You”. Der unaufdringliche Bass setzt Shaufs Stimmlage, die irgendwo zwischen Jose Gonzalez und Sufjan Stevens einzuordnen ist, gekonnt in Szene.

In Erzähllaune krönt er den instrumentalen Schwermut von Songs wie “Catch Your Eye” oder dem folgenden synthesizer-verliebten “Telephone” mit Momenten der Hoffnung. Sehnsucht und zarte, aufkeimende Emotionen bestimmen das Songwriting des Musikers, der übrigens auch schon in einer christlichen Pop-Punk-Band spielte.

Auf “Norm” bewegt sich Andy Shauf nicht selten am Rande des Innehaltens. Seine Songs wollen genossen werden, z.B. das federleichte, verspielte “You Didn’t See”, welches mit seinem romantischen Schmelz wie Butter auf warmen Toast zerfließt.

Shauf gelingt oft das Kunststück, zähe, schwerfällige und auch bassbetonte Musik mit seinem hellen, ruhigen Gesang ins Gleichgewicht zu bringen. Bestes Beispiel ist der Titeltrack oder “Paradise Cinema”.

“Norm” schwelgt pianoschwanger im balladesken Tempo einer ofenknisternden Wohnzimmeratmosphäre. Diese behagliche Stimmung kann Shauf mit seinem Gitarrenspiel auflockern, das z.B. “Halloween Store” zum beschwingtesten Titel des Albums machst. Geschichten erzählend, zentriert sich alles um den harmonischen Refrain, der mit verzauberten Klängen die Türklingel zur Eingängigkeit läutet.

“Sunset”, “Long Throw” und “Daylight Dreaming” bleiben dem Soul treu, letzterer Titel lässt aber auch kurzzeitig die schrammelnden Gitarren durch den Äther schnarren.

Die Spitze des Schaffens erreicht “Don’t Let It Get To You”. Sorgsam gespielt schreitet das Piano die Gefilde von Shaufs geschaffener Elegie ab. Zart angestupst von einem Windhauch aus dem Synthesizer, umgarnt die Stimme weich die eigene Selbstachtung.

Flötend verabschiedet letztendlich “All Of My Love” das Dutzend Tracks.

Andy Shauf begeistert mit einem stimmungsvollem, erzählerisch starken Album. Die sympathische Figur “Norm”, welche wohl der neue Ego-Standard für Shauf ist, erlebt Alltägliches durch die Brille der Nüchternheit.

So kann man sich in den zart knospenden Emotionen ebenso wiederfinden, wie in der zum Schmunzeln verleitenden Selbstironie. “Norm” ist großartig instrumentiert, soulig und doch auch schwermütig. Zu jedem Zeitpunkt aber getragen von der klaren, harmonischen Stimme.

Ein Album, das man mehrfach hören sollte und irgendwann auch gar nicht mehr aufhören mag damit.

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