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Fenne Lily – Big Picture

Aus manchen Stimmen klingt Lebenserfahrung. Lange Tage und kurze Nächte. Schwere Gedanken und erleichternde Tränen. Reflexionen anderer Leben im eigenen Dasein. Die britische Songwriterin Fenne Lily erstaunt auf ihrem dritten Longplayer “Big Picture” mit tiefgreifenden, emotionalem Songwriting und ihrem Alter von 25 Jahren. Die Güte der Tracks wie “Dawncolored Horse” lässt deutlich mehr Falten auf dem Gesicht vermuten.

Die in New York lebende Musikerin versteht sich auf meisterhaftes Selbstreflektieren und Selektieren von Beziehungsthemen. Passend zu ihrer hellen, weichen Stimmlage gesellen sich über das ganze Album verteilt schnarrende, zurrende und klampfende Gitarren als Begleitstimme dazu.

Der Opener “Map Of Japan” zeichnet Beziehungsleben als Inseldasein nach, welches zaghaft akustisch im Schwof von Fenne Lilys Stimmlage weilt, bevor die Saiten knarzend klagend den Raum betreten.

Die zwei Highlights des Albums reihen sich direkt aneinander. Das bereits angesprochene “Dawncolored Horse” bringt banjozupfend den Folksound ans Lagerfeuer. Fenne Lilys Wirken verzaubert mit dynamischen Stimmwechseln und einem leichten Fadeout der Stimme, übergehend ins singende Saitenspiel. Basierend auf einem Gedicht von Richard Brautigan berichtet Fenne Lily davon, wie wenige Worte zu wechseln auch in eine Beziehung ver- und entführen kann.

Die Dynamik greift “Lights Light Up” auf. Ein Gitarrenintro gibt den Einstieg in diese Rückschau auf die schönen Momente einer Beziehung. Mit einem unterschwelligen Groove der Gitarrenzweitstimme wird ein Dialog zweier Liebender und deren Schicksalsschläge geführt.

Zurückgezogen wirkt “2+2”, eine zunächst ruhige Ballade welche in moll(igen) Soundgefilden beheimatet ist, gekontert von Fenne Lilys hauchendem Gesang. Das singende, belebende Gitarrenspiel erweckt den Titel aus seiner Stimmung hin zu “Superglued”.

Das Zusammenspiel aus introvertierter Stimmlage und zerrenden Gitarrensaiten wird hier in einem fulminanten Outro auf den Höhepunkt gebracht. Die verzerrten Gitarren zerfließen im Chorus von Fenne Lily in einen warmen, surrenden Brei.

Ungestört von Gitarren zergeht “Henry” in seiner akustischen Begleitung, bevor “Pick” mit countryesk zupfenden Saiten der Musik Leben einhaucht. Fast schon übertaktet, verzweifelt bietet Fenne Lily ihre Gefühle der Erwiderung an. Der Ohrwurmchorus tut sein Übriges, dass dieser Titel nicht in Vergessenheit gerät.

Ebenso wenig wie die folgende Ballade “In My Own Time”. Gefühlvoll wandert Fenne Lilys Stimmlage zwischen glasklar und rauchig emotional, instrumental zartbesaitet begleitet.

Leider verlieren sich die letzten beiden Titel des Albums, “Red Deer Day” und “Half Finished” in der Eintönigkeit. Daran kann auch die, zu wenig in Szene gesetzte, Pianobegleitung nichts ändern. Man verliert sich als Hörer*in doch zu sehr im weichen stimmlichen Daunenbett.

Was bei “Half Finished” aber leider auch zum Wegdösen verlockt, wenn sich der Song zart orchestral öffnet und einem das Tor zur Traumwelt offen hält.

Fenne Lilys Stärke ist das Songwriting und der unaufgeregte, eindringliche Gesang, welcher auf “Big Picture” durch die wohlgewählte Folk-Gitarrenbegleitung einen stimmigen Konterpart erhält. Bei manchen Titel wünscht man sich allerdings gern etwas mehr Aufgeregtheit – instrumental als auch gesanglich, so schleichen sich auch ein paar Längen ein, welche unnötig an der Konzentration zerren.

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